Student vor einem Laptop im Hörsaal

Aufwertung der Abi-Note Warum der Uni-Eignungstest Schule macht

Stand: 18.03.2023 20:13 Uhr

Für einige Studiengänge müssen in Deutschland Eignungsprüfungen abgelegt werden. Den Medizinertest gibt es schon lange - nun folgt erstmals ein Test für Psychologie. Was verändert sich dadurch?

Von Marleen Wiegmann für tagesschau.de

Für ihren großen Traum hat Hannah Schatz im vergangenen Jahr den Medizinertest abgelegt. "Es war wahnsinnig viel Druck, weil das dann wirklich meine letzte Chance war", erzählt sie. Denn bislang dürfen Teilnehmer den Test höchstens zweimal absolvieren. Am Ende war das Ergebnis von ihrem Test zwar besser als beim ersten Mal - aber immer noch nicht gut genug. Ins Medizinstudium ist Schatz leider nicht gekommen. Auf den Eignungstest ist sie seitdem nicht mehr gut zu sprechen.

Vergleichbare Erfahrungen könnten bald auch Interessierte für das Psychologiestudium machen. Bewerber können in diesem Jahr an einigen Universitäten in Deutschland einen Eignungstest absolvieren, um so ihre Abiturnote aufzuwerten. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2017 reicht nur die Abiturnote für die Auswahl von Studierenden für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge nicht mehr aus. Stattdessen muss mindestens ein weiteres, aussagekräftiges Kriterien berücksichtigt werden, wie zum Beispiel berufliche Erfahrungen oder das Ergebnis eines Eignungstests.

Insgesamt etwa 40 Prozent der Studiengänge an Hochschulen sind in Deutschland zulassungsbeschränkt. In diesen Fächern überschreitet die Zahl der Bewerber die Anzahl der Studienplätze. In allen übrigen Studiengängen werden Interessierte ohne Auswahlverfahren zugelassen. Das Urteil des Verfassungsgerichts gilt für Pharmazie, Human-, Tier- und Zahnmedizin. Psychologie gehört nicht dazu - die Hochschulen folgen dennoch der Entscheidung, da für diesen Studiengang, sollte eine vergleichbare Klage eingereicht werden, ein gleichlautendes Urteil zu erwarten wäre.

Eignungstests in künstlerischen Studiengängen

In künstlerischen Studiengängen kommen Eignungstests als eine Auswahlmöglichkeit häufig vor. Um beispielsweise in Münster Design zu studieren, müssen Bewerber eine Mappe abgeben, in der sie sich in verschiedenen Arbeiten mit einem festgelegten Thema auseinandersetzen. Anschließend müssen sie eine Klausur bestehen, in der sie vier Stunden Zeit haben, um eine gestalterische Aufgabe zu lösen. 

In den vergangenen Jahren haben sich Eignungstests aber auch in anderen Studiengängen etabliert - zum Beispiel, um Abbrecherquoten zu senken. Die Tests sollen dabei helfen vorherzusagen, welche der Bewerber das Studium voraussichtlich erfolgreich abschließen werden. Den Medizinertest (TMS) gibt es in seiner jetzigen Form seit 2007. Dementsprechend gut ist seine Prognosekraft erforscht: Studien zeigen, dass der Medizinertest den Studienerfolg zuverlässig voraussagen kann. Auch in anderen Studienfächern bestätigt sich diese Tendenz.

Bewerber können Motivation zeigen

Ein Vorteil von Eignungstests ist, dass Bewerber sich verbessern können. Cort-Denis Hachmeister beschäftigt sich am Centrum für Hochschulentwicklung unter anderem mit dem Hochschulzugang und nennt die Tests "eine Art Selbstermächtigung" für Bewerber: "Sie haben damit die Möglichkeit, etwas an ihrer Ausgangslage zu verbessern." Jemand, der außerdem den zusätzlichen Schritt geht und beispielsweise am Medizinertest teilnimmt, zeigt Eigeninitiative und Motivation. Für Medizin und Psychologie sind die Eignungstests nämlich explizit freiwillig und keine Voraussetzung fürs Studium.

Dabei gibt es aber einen Knackpunkt: Eignungstests sind für Hochschulen ein enormer Aufwand, sagt Hachmeister. "Die Hochschulen müssen sich überlegen, welche Kompetenzen sie prüfen möchten. Sie müssen die Tests konzipieren, erproben und evaluieren." Eine Auswahl über die Abiturnoten ist dagegen einfach, kostengünstig und transparent - und deshalb für viele Studiengänge noch immer die erste Wahl.

Chance für Bewerber

Wie der Eignungstest in der Psychologie angenommen wird, wer ihn macht und aus welchen Gründen, werden die nächsten Jahre zeigen. Für einige könnte es eine Chance sein. 

Auch für Hannah Schatz gibt es noch eine Möglichkeit, Medizin zu studieren. Sie möchte sich für das nächste Semester an einer Uni bewerben, die ihre abgeschlossene Ausbildung als Physiotherapeutin bei der Auswahl berücksichtigt. Viele Hochschulen beziehen bei der Auswahl eine Ausbildung im medizinischen Bereich mit ein. Die Gewichtung unterscheidet sich jedoch stark. Vielleicht klappt es im nächsten Versuch und Schatz kann endlich mit ihrem Traumstudium beginnen. Ganz ohne einen Eignungstest.