Ex-Ostbeauftragter Wanderwitz CDU-Abgeordneter will AfD-Verbot beantragen
Der CDU-Abgeordnete Wanderwitz will vom Bundestag ein AfD-Verbotsverfahren beantragen lassen. Dafür ist er auf der Suche nach Unterstützern - auch außerhalb seiner Fraktion. Doch ist ein Verbot realistisch?
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz arbeitet an einem Antrag, um die AfD verbieten zu lassen. "Wir haben es mit einer Partei zu tun, die ernsthaft unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und den Staat als Ganzes gefährdet", sagt Wanderwitz im Interview mit dem ARD-Magazin Panorama: "Darum ist es höchste Zeit, sie zu verbieten."
In Umfragen liegt die Partei derzeit bundesweit bei 22 Prozent. In den ostdeutschen Bundesländern erreicht sie bis zu 33 Prozent. Je nachdem, wie viele Parteien jeweils die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, ist dort sogar eine absolute Mehrheit nicht ausgeschlossen, sollte der Aufwärtstrend anhalten.
Der Bundestag, die Bundesregierung oder der Bundesrat können beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag stellen. Wanderwitz versucht mit seiner Initiative, eine Mehrheit des Bundestags hinter seinem Anliegen zu versammeln.
Zunächst 36 Unterstützer benötigt
Um den Verbotsantrag gegen die AfD in den Bundestag überhaupt einbringen zu können, braucht er zunächst 36 Unterstützer. Er führe dafür gerade Gespräche mit Abgeordneten aus seiner Fraktion, aber auch aus anderen Fraktionen.
Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, hatte sich im Juli gegen ein AfD-Verbot ausgesprochen. Im ZDF-Sommerinterview sagte er: "Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst." In der Vergangenheit hatten sich aber etwa die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sowie SPD-Chefin Saskia Esken offen für ein AfD-Verbotsverfahren gezeigt.
Durch ein Verbot würde die Partei ihre errungenen Mandate in allen Parlamenten verlieren. Das gilt vom Gemeinderat bis zum Europaparlament. Auch das Parteivermögen würde vom Staat eingezogen.
Wanderwitz hofft auf nachhaltige Schwächung
Entscheidend ist für Wanderwitz, dass die Partei in diesem Fall nicht nur ihre Abgeordneten, sondern auch alle Mitarbeiter verlieren würde. "Alle diese Menschen, die jetzt mit Steuergeldern bezahlt 24 Stunden am Tag rechtsradikal sein können, müssten sich am nächsten Tag nach einer anderen Arbeit umschauen", so Wanderwitz.
Von einem erfolgreichen Verbot erhofft sich Wanderwitz eine nachhaltige Schwächung der rechtsradikalen Bewegung. Er geht davon aus, dass die Partei momentan eine Bindekraft für das rechtsradikale Spektrum hat, die keine Organisation so schnell wieder erreichen könnte.
"Die rechtsradikale Bewegung war über viele Jahre sehr zersplittert. Das einende, wärmende Lagerfeuer der AfD ist mittlerweile aber so dominant, dass nahezu alles gebunden wird, was in diesem politischen Spektrum vorhanden ist", sagt Wanderwitz.
Zweifel an einem Verbot
Kritiker argumentieren, dass sich die Einstellung der Parteianhänger durch ein Verbot nicht ändern lasse. Zu ihnen gehört der Politikwissenschaftler Claus Leggewie.
"Ein AfD-Verbot würde eine Partei ins Abseits stellen, aber nicht deren Wählerinnen und Wähler", so der emeritierte Professor im Gespräch mit Panorama. "Diese Anhänger werden sich eine neue Heimat suchen."
Er sieht in der Gesellschaft ein Grundpotenzial von etwa 10 bis 15 Prozent der Menschen, die ein antidemokratisch rechtes Weltbild teilen. Diese könne man nicht durch ein Verbot ihrer Partei zurückgewinnen. Dafür spricht auch der ARD-DeutschlandTrend extra von Ende September.
Dort sagen 80 Prozent der AfD-Anhänger, es sei ihnen "egal, dass die AfD in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht". Leggewie plädiert stattdessen dafür, die Partei politisch energischer zu bekämpfen.
Hohe rechtliche Hürden
Ob ein Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte, ist unter Juristen umstritten. Verschiedene Verfassungsrechtler halten ein Verbot für unwahrscheinlich und verweisen auf die hohen rechtlichen Hürden.
Eine Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte kam im Juni 2023 hingegen zu dem Schluss, dass ein Verbot inzwischen durchaus möglich sei. Vom Verfassungsschutz wird die Bundespartei momentan als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet.
Sollte der Bundestag einen Verbotsantrag gegen die AfD beschließen, würde zunächst das Bundesverfassungsgericht den Fall prüfen. Bis zu einem Urteil würden mehrere Monate bis Jahre vergehen.
Mehr zu diesem und anderen Themen sehen Sie bei Panorama um 21:45 Uhr im Ersten.