Berliner Integrationssenatorin Kiziltepe fordert Reform des Verteilschlüssels für Flüchtlinge
Geflüchtete werden in Deutschland nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt. Berlins zuständige Senatorin findet, dass dessen Kriterien die Menschen nicht gerecht verteilen - und fordert eine Reform des Schlüssels.
Angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen hat Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe Änderungen beim Verteilungsmechanismus in Deutschland gefordert. Der Nachrichtenagentur dpa sagte die SPD-Politikerin:
Wir brauchen eine Reform des Königsteiner Schlüssels, wir brauchen eine Sonderregel für Stadtstaaten wie Berlin".
Zur Begründung verwies sie darauf, dass dicht besiedelte Stadtstaaten wie Berlin naturgemäß nur begrenzt Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung hätten. Daher sei die aktuelle Regelung zur Verteilung der Menschen auf die Länder unter anderem auf Basis von deren Einwohnerzahl nicht mehr zeitgemäß.
In Deutschland legt der Königsteiner Schlüssel fest, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnehmen muss. Berechnet wird dies auf Basis der Steuereinnahmen (zwei Drittel) und der Bevölkerungszahl der einzelnen Bundesländer (ein Drittel).
Die Bezeichnung geht zurück auf das Königsteiner Staatsabkommen der Länder von 1949, mit dem dieser Schlüssel zur Finanzierung wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen eingeführt wurde. Heute wird der Königsteiner Schlüssels auch in anderen Bereichen angewandt.
Berlin muss aktuell 5,2 Prozent der Geflüchteten aufnehmen
Auf Berlin entfallen nach dem aktuellen Verteilmechanismus laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 5,2 Prozent. Hinzu kämen nach wie vor viele Menschen aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg flüchteten, sagte Kiziltepe. Viele kämen privat unter. "Und natürlich zieht es diese Menschen oft nach Berlin, weil wir hier eine hohe Willkommenskultur haben und auch bei unseren Integrationsleistungen bundesweit Vorreiter sind", sagte Kiziltepe. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen kein Asylverfahren durchlaufen.
Laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten nahm Berlin im ersten Halbjahr etwa 16.000 Geflüchtete auf. Kiziltepe geht auf Basis von Prognosen davon aus, dass bis Jahresende weitere 10.000 bis 12.000 Geflüchtete kommen und zu deren Unterbringung auch zeltähnliche Hallen als Provisorien herangezogen werden könnten.
Thema nicht auf Agenda in Bremen
Kiziltepe kündigte zudem an, sie sei in puncto Verteilmenchanismus bereits im Gespräch mit den anderen Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Die Bremer Integrationssenatorin Claudia Schilling (SPD) ließ dies relativierten: Ein Sprecher Schillings sagte, das Thema sei zwar vor Monaten aufgekommen - habe sich inzwischen aber im Sande verlaufen.
Man sei damals zu dem Schluss gekommen, dass die Unterbringung von Flüchtlingen alle Städte fordere, nicht speziell die Stadtstaaten. Außerdem hieß es aus Bremen, momentan gebe es keine Abstimmungen mit Berlin dazu.
Kritik an dem Vorstoß kommt aus Bayern
Nach Meinung von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann lenkt Kiziltepe ohnehin von den eigentlichen Problemen ab. Der CSU-Politiker sagte der dpa: "Wir müssen in Deutschland nicht die Verteilung ändern, sondern den Zuzug von Flüchtlingen begrenzen."
Es bringt gar nichts, am Verteilungsmaßstab herumzubasteln, wenn die Bundesregierung alle Maßnahmen zu einer Begrenzung der Flüchtlingsmigration torpediert.
So sabotiere sie angestoßene EU-Vorhaben, anstatt sie zu unterstützen. "Das Bundesinnenministerium sträubt sich weiter gegen den Plan, die Standards für Unterbringung und Versorgung zu senken und Verfahren an der Außengrenze zu erzwingen", kritisierte Herrmann. Bei den Themen Rückführungsoffensive, Rückführungsabkommen oder Ausweisung weiterer sicherer Herkunftsländer gehe nichts weiter.