Containerschiffe im Hamburger Hafen.

Bürgerschaftswahl in Hamburg Bundesparteien hoffen auf Rückenwind

Stand: 01.03.2025 15:24 Uhr

In der Bundespolitik spielt die Hamburger Bürgerschaftswahl keine große Rolle - zu sehr sind die Parteien in Berlin mit sich selbst beschäftigt. Und doch hoffen sie auf Impulse aus Hamburg, allen voran die SPD.

Von Ruth Kirchner, ARD-Hauptstadtstudio

Bürgerschaftswahl in Hamburg? Ach ja, die gibt es ja auch noch. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und Annalena Baerbock von den Grünen machten in Hamburg noch bis zuletzt Wahlkampf, aber in Berlin sind die Parteien vor allem mit sich selbst beschäftigt - mit den ersten Sondierungen zwischen Union und SPD, mit dem Abschied der FDP aus dem Bundestag, mit der Neuaufstellung nach der Wahl.

Auch dass die Sondierungen in Berlin schon am Freitag begonnen haben, zeigt, dass die Bürgerschaftswahl in Hamburg bundespolitisch nicht so richtig ins Gewicht fällt, eher aus den Augenwinkeln betrachtet wird. Anfang der Woche, direkt nach der Bundestagswahl, wollte Merz die Hamburg-Wahl noch abwarten, aber dann ging es doch früher los. Hamburg, so offenbar das Kalkül, wird im Bund keinen großen Unterschied machen.

Jörg Schönenborn, WDR, zu den Top-Themen der Bürgerschaftswahl

tagesthemen, 01.03.2025 23:40 Uhr

SPD hofft auf Rückenwind

Gleichwohl wollen sich die Parteien in Hamburg Rückenwind für die Berliner Politik holen - vor allem die großen Wahlverlierer vom 23. Februar, die Sozialdemokraten. Dass sie in der Hansestadt mit ihrem Spitzenkandidaten Peter Tschentscher erneut mit mehr als 30 Prozent deutlich stärkste Kraft werden, gilt als so gut wie sicher.

In Hamburg ist die SPD noch Volkspartei - ein Trost für die geschundene Seele der Sozialdemokraten, die bei der Bundestagswahl ihr bislang schlechtestes Ergebnis einfuhren. Hamburg könnte auch der Bundes-SPD ein bisschen Selbstbewusstsein zurückgeben: Seht her, Wahlen gewinnen, es funktioniert noch! Selbst wenn das Ergebnis nicht ganz so triumphal ausfallen dürfte wie 2020, als die SPD mit über 39 Prozent ins Hamburger Rathaus einzog - und schon gar nicht wie damals, 2011, als Olaf Scholz mehr als 48 Prozent der Stimmen holte und mit absoluter Mehrheit in Hamburg regierte. Ja, genau der Scholz, der heute der große Wahlverlierer ist.

Grüne wollen Abwärtstrend stoppen

Auch die Grünen, in Hamburg Koalitionspartner der SPD,  gehören zu den Wahlverlierern im Bund. Ihr Abwärtstrend könnte sich dort fortsetzen. Hamburg gilt zwar als Grünen-Hochburg, aber in Umfragen sackten sie zuletzt von 24 Prozent im Jahr 2020 auf etwa 17 Prozent ab. Damit könnten sie noch hinter der CDU auf Platz drei landen.

Co-Parteichefin Franziska Brantner verbreitet dennoch im ARD-Interview Optimismus: Hamburg werde einen "guten Unterschied" machen, sagt sie selbstbewusst, und hofft auf eine Fortsetzung des rot-grünen Senats in der Hansestadt. Das mäßige Abschneiden bei der Bundestagswahl wird das aber kaum ausgleichen können; ein schlechtes Ergebnis in Hamburg dürfte zudem die innerparteilichen Diskussionen bei den Grünen über den künftigen Kurs im Bund weiter befeuern.

Linkspartei im Aufwind

Die Linken wiederum wollten sich ursprünglich in der Hansestadt Rückenwind für ihren Bundestagswahlkampf holen - und für ihren Überlebenskampf im Bund. Mit der vorgezogenen Neuwahl kam es anders. Die Linkspartei feierte auf Bundesebene ihr Comeback und will ihren Schwung aus der Bundestagswahl jetzt in den Norden mitnehmen. Co-Partei-Chef Jan van Aken rechnet mit zehn Prozent in der Hansestadt, "alles darüber wäre eine große Freude", sagt er. Hamburg ist für ihn ein Heimspiel, er ist selbst Hamburger.

Der Wahlsieger im Bund, die CDU, tut sich traditionell schwer in Hamburg. Sie hofft jetzt auf den Merz-Effekt, nämlich dass sein gutes Abschneiden im Bund den Christdemokraten an der Elbe Auftrieb gibt. "Weil's so schön war, jetzt auch in Hamburg CDU wählen", heißt es auf Wahlplakaten der CDU, die in den letzten Tagen noch in Windeseile in der Stadt verteilt wurden.

Schwieriges Pflaster für die AfD

Für die AfD schließlich war das traditionell eher bürgerliche und gleichzeitig linksorientierte Hamburg lange kein Selbstläufer. Anders als im Osten der Republik spielten die Rechtspopulisten eine eher unbedeutende Rolle. Wenn sie diesmal, wie von Meinungsforschern vorhergesagt, auf etwa zehn Prozent kämen, wäre das auch aus bundespolitischer Sicht ein Riesenerfolg.

Wenige bis gar keine Chancen haben in Hamburg das erstmals antretende BSW sowie die FDP. Die Liberalen hatten zwar bislang einen Abgeordneten in der Bürgerschaft. Das aber lag nur daran, dass ein SPD-Mann zu den Liberalen übergetreten war. Dass die FDP jetzt ausgerechnet in der Hansestadt ein erstes Comeback erleben könnte, gilt als unwahrscheinlich - sie dürften auch dort an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Rückenwind aus Hamburg gibt es also voraussichtlich nur für die größeren Parteien. Wie stark die Brise aus dem Norden ausfällt, wird der Sonntagabend zeigen. Den Sondierungskurs in Berlin dürfte die Hamburger Wahl aber wohl kaum beeinflussen. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 01. März 2025 Inforadio um 07:30 Uhr und tagesschau24 um 10:00 Uhr.