Urteil zu Maskeneinkäufen Bund drohen gewaltige Nachzahlungen
Zur Hochphase der Pandemie wollte das Gesundheitsministerium zügig viele FFP2-Masken beschaffen. Das Budget dafür war rasch aufgebraucht - viele Lieferanten blieben auf den Kosten sitzen. Ein Urteil könnte das nun ändern.
Der Donnerstag war ein Freudentag für Joachim Lutz. Denn seine Chancen, Schadenersatzforderungen in Höhe von 1,6 Millionen Euro zu erhalten, sind seiner Meinung nach seit gestern erheblich gestiegen. Im Frühjahr 2020 hatte er Atemschutzmasken an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geliefert. Auf den Kosten ist er bis heute sitzengeblieben.
Seit mehr als zweieinhalb Jahren klagt er deshalb vor dem Landgericht Bonn auf die Bezahlung der von ihm gelieferten Masken. Das Kölner Verwaltungsgericht (VG) sprach am Donnerstag nun ein Urteil, dass im Gesundheitsministerium für Aufruhr sorgen dürfte. Es könnte teure Folgen haben.
Die Richter entschieden, dass das BMG seine Akten rund um die Maskenbeschaffung im Rahmen des sogenannten Open-House Verfahrens im Frühjahr 2020 offenlegen muss. Seit 2020 klagen rund 100 Maskenlieferanten gegen das Gesundheitsministerium auf Zahlung ihrer Lieferungen.
Mit Angeboten überflutet
Als zu Beginn der Corona-Pandemie überall händeringend Masken gesucht wurden, ging das Gesundheitsministerium auf Einkaufstour. Es schrieb sogenannte Open-House-Verträge aus. Das Ministerium versprach jedem, der bis Ende April 2020 mindestens 25.000 Masken liefern kann, diese in unbegrenzter Menge abzunehmen - für 4,50 Euro pro FFP2-Maske.
Das Ministerium wurde mit Angeboten überflutet und beendete die Ausschreibung deshalb vorzeitig. Bereits nach kurzer Zeit hatten sich so viele Lieferanten gemeldet, dass die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel von 500 Millionen Euro weit überschritten waren. Das BMG war plötzlich mit Lieferzusagen für Masken im Wert von 6,4 Milliarden Euro konfrontiert. Wegen angeblicher Mängel verweigert das Gesundheitsministerium vielen Maskenlieferanten bis heute die Zahlung.
Anwalt: Informationsnachteil beseitigt
Insgesamt drei Kläger waren vor das Verwaltungsgericht Köln gezogen, um Akteneinsicht rund um die Maskenkäufe des BMG im Frühjahr zu bekommen. Sie wollten wissen, wer im Haus unter dem damaligen Minister Jens Spahn wann, was und wie initiiert und kommuniziert hat. Das Verwaltungsgericht Köln hat das Gesundheitsministerium nun dazu verurteilt, Gutachten und den relevanten Schriftverkehr offenzulegen.
Kläger Lutz aus Offenburg hofft, dass das Kölner Urteil auch seine Position vor dem Landgericht Bonn stärkt und er endlich für seine Maskenlieferungen im Jahr 2020 bezahlt wird. Für seinen Anwalt Christoph Partsch ist es ein Urteil mit Signalwirkung: Durch die Entscheidung in Köln werde der bisherige Informationsnachteil für die Kläger beseitigt.
Die Akteneinsicht helfe nicht nur seinem Mandanten, sondern auch anderen Klägern, Schadenersatzforderungen gegen das BMG durchzufechten, glaubt Partsch. Allein am Landgericht Bonn sind bislang 142 "Masken-Klageverfahren" eingegangen. Es geht um rund 420 Millionen Euro an Steuergeldern. Bei vielen Masken ist mittlerweile die Haltbarkeit abgelaufen, Millionen Masken wurden bereits verbrannt.