Einigung in der Ampelkoalition Faeser sieht Chance für Asyl-Durchbruch
Bundesinnenministerin Faeser sieht ein "historisches Momentum" für die EU-Flüchtlingspolitik. Die Ampelkoalition habe sich darauf verständigt, Asylverfahren an der Außengrenze anzustreben. Die angestrebte Frist ist ambitioniert.
Wenige Tage vor dem Spitzentreffen zur deutschen Flüchtlingspolitik am 10. Mai sieht Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein "historisches Momentum" auf europäischer Ebene. Sie setze sich seit längerem dafür ein, dass die Verteilung innerhalb Europas besser werden müsse, betonte sie im Bericht aus Berlin.
Nun sei sich die Ampelkoalition einig, dass man ein gemeinsames Asylsystem voranbringen wolle. Dazu zählen auch Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, in denen Migrantinnen und Migranten registriert, erfasst und identifiziert würden. "Ich glaube, dass es unglaublich wichtig ist, die Registrierung, die Identifizierung bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, damit wir eben auch offene Grenzen in Europa nach wie vor haben können", sagte Faeser. Die Verfahren sollen nach Angaben der Bundesinnenministerin nicht länger als zwölf Wochen dauern.
Arbeitsgruppe mit EU-Staaten
Zu diesem neuen Ansatz zähle auch, dass es nach diesen Verfahren in den Ankunftsländern solidarische Mitgliedsstaaten gebe, die diese Menschen dann aufnehmen. Darüber verhandle sie seit Monaten.
Faeser berichtete in der ARD-Sendung von einer Arbeitsgruppe, in der Italien und Spanien als Erstaufnahmeländer und potenzielle Aufnahmestaaten wie Deutschland, Frankreich und neuerdings Belgien und Schweden vertreten seien. Sie sagte nichts dazu, ob auch etwa osteuropäische Staaten wie Polen oder Ungarn in den Prozess eingebunden sind.
Faser verwies im Bericht aus Berlin erneut darauf, dass viele Menschen aus Syrien und Afghanistan nach Europa kommen. Bei diesen Menschen sei die Schutzquote sehr hoch, so dass es wenig Zurückweisungen gebe.
Im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem ist festgelegt, wie mit Asylsuchenden in der EU umgegangen wird. Laut Dublin-Verordnung muss ein Geflüchteter dort um Asyl bitten, wo er die EU erstmals betreten hat. Viele Mittelmeerstaaten erfassen faktisch aber nicht mehr alle Migranten, die dann in andere Staaten weiterziehen.
Mehr sichere Herkunftsländer?
Über die Herkunft von Migrantinnen und Migranten gibt es immer wieder Streit zwischen den im Bundestag vertretenen Parteien. Einige Ministerpräsidenten setzen sich vor dem Treffen mit dem Bund am 10. Mai für die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten ein. Dies würde nach Ansicht von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Verwaltungsgerichten beschleunigen sowie Länder und Kommunen entlasten, wie ein Senatssprecher der "Welt" sagte.
Als Länderbeispiele nannte er Georgien, Marokko, Algerien, Tunesien und Indien. Menschen aus diesen Staaten würde eine Vielzahl von Asylanträgen stellen, aber nur eine äußerst niedrige Schutzquote aufweisen. Davon unberührt würde der individuelle Anspruch auf Einzelfallprüfung im Asylverfahren bestehen bleiben, so Tschentscher.
Kretschmer fordert Druck aus Berlin
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hält eine Einstufung von Georgien, Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten gar für "dringend geboten". Bei diesen vier Ländern gebe es lediglich eine "minimale Anerkennungsquote".
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte, es sei "die Aufgabe der Grünen, der SPD und der Liberalen auf Bundesebene, dafür zu sorgen, dass über veraltete und nicht mehr in die Zeit passende Positionen neu diskutiert wird". In der "Welt am Sonntag" forderte Rhein zudem mindestens eine Verdopplung der Bundeshilfen für Länder und Kommunen, die derzeit 2,75 Milliarden Euro umfassen.
Frei fordert mehr Geld und mehr Kontrollen
Eine bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen fordert auch Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die zugesagten 2,75 Milliarden Euro seien "eindeutig zu wenig", sagte er im Bericht aus Berlin, "denn die Herausforderungen beziehen sich auf die Integration insgesamt, auf Kitas auf Schulen, auf Wohnraum und vieles andere mehr".
Wenig Beschlüsse im Februar
Bei einem Treffen im Februar hatten sich Bund und Länder auf eine bessere Kooperation und mehr Transparenz verständigt. Das Thema Finanzen wurde damals vertagt - vielleicht auch, weil der Bund wegen fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen noch kein Geld an die Kommunen zahlte.