Scholz-Treffen mit Wirtschaft Nach dem Gipfel, vor dem Gipfel - der Frust wächst
Nach dem Treffen im Kanzleramt bleibt die Wirtschaft ratlos zurück. Konkrete Ergebnisse gibt es nicht. Der Kanzler will nun die Gespräche im gleichen Kreis wiederholen - und dabei erneut Grüne und FDP nicht einladen.
Der Bundeskanzler hat noch einiges vor. Es gehe jetzt darum, "sehr konkrete Maßnahmen" zu finden, um den Standort Deutschland zu stärken, sagte Olaf Scholz am Dienstag nach seinem Gipfeltreffen mit Wirtschaftsvertretern. Aber wie diese konkreten Maßnahmen denn konkret aussehen, darüber ist auch nach den dreistündigen Beratungen im Kanzleramt nur wenig bekannt.
Laut Teilnehmerangaben war das Treffen "ohne Ergebnisse" zu Ende gegangen. So äußerte sich unter anderem die Hauptgeschäftsführerin des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner: Der Kanzler sei nun "in der Bringschuld". Denn am Ende würden nur konkrete Maßnahmen helfen.
Verhandlungen zum Haushalt laufen
Doch die Fronten in der Ampelkoalition sind zunehmend verhärtet. Die FDP hatte ihre Gespräche mit Wirtschaftsvertretern genutzt, um noch einmal ihre roten Linien zu skizzieren. Demnach wollen die Liberalen auch weiterhin keine Subventionen für die Wirtschaft, da diese zwar für kurzfristige Verbesserungen sorgen würden, aber keinen nachhaltigen Aufschwung tragen könnten. Außerdem bleibt die FDP bei ihrem klaren Nein zu einem Aushebeln der Schuldenbremse, zum Beispiel über ein neues Sondervermögen.
Möchte die Ampel also tatsächlich neue Wirtschaftshilfen auf den Weg bringen, müsste sie mit dem Geld auskommen, das sie hat - und das ist bekanntlich knapp bemessen. Zurzeit finden im Bundestag die Haushaltsberatungen statt. Schwierige Verhandlungen, die Mitte November abgeschlossen sein müssen. Spätestens dann müsste sich die Ampel also entscheiden, ob im Haushalt noch Platz für neue Wirtschaftsmaßnahmen ist, oder eben nicht.
Teilnahme von Grünen und FDP fraglich
Wirtschaftsvertreter mahnen die Ampel-Regierung nun erneut zur Eile. Nach dem "politischen Schaulaufen" müsse die Regierung nun "gemeinsam die richtige Wirtschaftspolitik machen, um diesen Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen", forderte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Doch bislang scheint noch nicht sicher, ob die Bundesregierung ihre Form der Nicht-Zusammenarbeit groß verändert.
So will Bundeskanzler Scholz zwar am 15. November erneut zu einem Wirtschaftsgipfel ins Kanzleramt einladen. Ob dann aber auch die Spitzen von Grünen und FDP dabei sein werden, scheint fraglich. "Im Augenblick ist für das Treffen der Kreis derer, die da gestern zusammengekommen sind, vorgesehen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Es könne allenfalls sein, dass der Kreis noch "um einzelne weitere Unternehmen" erweitert werde.
Ändert der Kanzler sein Format nicht, würde Scholz auch weiterhin ausschließlich mit Industrievertretern sprechen. Kleinere Unternehmen wie der Mittelstand, das Handwerk oder die Familienunternehmen wären dann weiterhin nicht im Kanzleramt dabei.
Erneut ein Gegengipfel?
Bei Wirtschaftsvertretern sorgt das für Unverständnis und Frust. Viele haben ohnehin keine großen Hoffnungen mehr, dass die Ampelkoalition noch etwas zusammenbekommt. "Deutschland braucht keine weiteren Kaffeekränzchen im Kanzleramt, sondern eine handlungsfähige Regierung", sagt Christoph Ahlhaus, Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Der Mittelstand (BVMW). Der Bundeskanzler müsse nun prüfen, ob er das noch gewährleisten könne.
Vorerst planen die Ampel-Parteien also keine engere Zusammenarbeit für die Wirtschaft - im Gegenteil. Auch die FDP will ihren Wirtschaftsgipfel wiederholen. Die Einladungen für das Treffen am kommenden Montag wurden bereits verschickt.