Weiterbetrieb von Isar 2 Gegenwind für Söders AKW-Forderung
Die deutschen AKW sind aus, doch Ministerpräsident Söder will Isar 2 in Landesverantwortung weiterbetreiben. Viel Kritik bekommt er dafür - auch vom Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung. Söder erhält aber auch Unterstützung.
Das Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE) hat die bayerische Forderung kritisiert, abgeschaltete Atomkraftwerke in Landesverantwortung weiterzubetreiben. "Die heutigen Forderungen des bayerischen Ministerpräsidenten unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die politische Verantwortung für die nukleare Sicherheit in Deutschland bei der Bundesregierung liegt", sagte Präsident Wolfram König der Nachrichtenagentur dpa.
"Bundestag und alle Bundesländer einschließlich Bayern haben sich nicht nur auf den Ausstieg aus der Kernenergie verständigt, sondern auch die Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Weg gebracht." Der geforderte Sonderweg Bayerns widerspreche geltendem Recht und gefährde die Endlagersuche.
Söder für AKW-Weiterbetrieb in Länderregie
Die letzten drei verbliebenen deutschen AKW waren am späten Samstagabend abgeschaltet worden, darunter Isar 2 in Bayern. CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder erneuerte in der "Bild am Sonntag" seien Forderung, das Atomgesetz noch einmal zu ändern und den Ländern die Zuständigkeit zu geben, damit der Meiler in eigener Regie weiterbetreiben kann. "Solange die Krise nicht beendet und der Übergang zu den Erneuerbaren nicht gelungen ist, müssen wir bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen", sagte Söder. Bayern wolle zudem als Vorreiter in die Forschung zur Kernfusion einsteigen. Söder sprach sich für den Bau eines eigenen Forschungsreaktors aus - "gerne in Zusammenarbeit mit anderen Ländern".
Kritik von den Grünen, Linke und SPD
Bundesumweltministerin Steffi Lemke erteilte dem Vorstoß Söders eine Absage. Laut Grundgesetz liege die Zuständigkeit für die Atomkraft beim Bund, stellte die Grünen-Politikerin klar. Die Berechtigung des Reaktors Isar 2 zum Leistungsbetrieb sei erloschen. "Es bedürfte quasi einer Neugenehmigung des Reaktors." Es sei bedrückend, wie Söder genehmigungs- und verfassungsrechtliche Fragen der nuklearen Sicherheit leichtfertig ignoriere. "Angesichts der Spekulationen von Herrn Söder, den Abbau der Atomkraftwerke gegen die Interessen des Strahlenschutzes hinauszuzögern, stellt sich die Frage, wie die bayerische Regierung den nun anstehenden Rückbau des Atomkraftwerkes verantwortlich umsetzen will."
Für die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, steht Söders Forderung im Zusammenhang mit der Bayern-Wahl im Oktober. Die Aussagen nannte sie "ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver".
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kritisierte Söders Idee: "Wer die Zuständigkeit für den Betrieb von AKW in Landeshoheit überleiten will, der muss dann auch alleine die Endlagerung in seinem Bundesland absichern" schrieb Ramelow bei Twitter. Von einem unglaubwürdigen Zickzack-Kurs Söders spricht die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast: Söder habe nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima noch mit Rücktritt gedroht, wenn die damalige Koalition an der Atomkraft festhalte.
Rückendeckung aus der CDU
Rückendeckung erhielt Söder aus der CDU: Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei (CDU) sagte der "Rheinischen Post", die Kernenergie aufzugeben sei eine Fehlentscheidung. "Es ist deshalb richtig und Ausdruck seiner Verantwortung als Ministerpräsident, wenn Markus Söder alle Möglichkeiten in Betracht zieht, um diesen groben Fehler doch noch abzuwenden." Ähnlich äußerte sich CDU-Parteivize Carsten Linnemann. Gegenüber der "Bild" sagte er: "Markus Söder hat völlig recht. Es ist Irrsinn, bestehende und sichere Anlagen in dieser energiepolitisch schwierigen Zeit abzureißen."
In den vergangenen Wochen hatte der CSU-Chef den Atomausstieg wiederholt kritisiert und eine Laufzeitverlängerung gefordert. Er glaube an eine Neuauflage der Kernenergie. "Wir spüren diese große Energiekrise, wir brauchen jedes Fitzelchen Energie", hatte Söder am Freitagabend in den tagesthemen erklärt. Auf Kernenergie zu verzichten und auf Kohle zu setzen, sei Doppelmoral.
Mit Informationen von Dietrich Karl Mäurer, ARD-Hauptstadtstudio