Reaktionen auf Schäubles Tod "Deutschland verliert einen scharfen Denker"
Die deutsche Politik trauert um Wolfgang Schäuble. Ein "großer Staatsmann" sei gestorben, ein "enger Ratgeber", "einer der bedeutendsten Demokraten", würdigen Politiker und ehemalige Weggefährten den Verstorbenen.
Parteiübergreifend haben Politikerinnen und Politiker Wolfgang Schäuble nach dessen Tod Respekt gezollt und ihre Anteilnahme mit der Familie des früheren Bundesinnenministers und Bundestagspräsidenten zum Ausdruck gebracht.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Schäuble als "Glücksfall für die deutsche Geschichte". "Mit Wolfgang Schäuble haben wir einen großartigen Menschen und leidenschaftlichen Politiker verloren, der Historisches für unser Land erreicht hat", schrieb Steinmeier an die Witwe Ingeborg Schäuble. Ein reiches Leben sei nun zu Ende gegangen - "das Werk dieses herausragenden Staatsmannes und Menschen" werde Bestand haben.
Wir werden Wolfgang Schäuble nicht vergessen. Er hat sich um Deutschland und Europa verdient gemacht.
Steinmeier: Politik war Schäubles Lebenselixier
Schäuble sei Visionär gewesen, er habe nie das Wesentliche aus dem Blick verloren, heißt es in Steinmeiers Kondolenzschreiben weiter. "Das Ziel der Einheit unseres Landes verfolgte Wolfgang Schäuble ebenso beharrlich wie das Zusammenwachsen Europas."
Sein Engagement und seine Weitsicht bei der Ausarbeitung der Staatsverträge hätten dazu geführt, dass die Deutsche Einheit vollendet werden konnte. Die Politik sei das "Lebenselixier" des CDU-Politikers gewesen, schrieb Steinmeier weiter. Niemand habe in der Geschichte der Bundesrepublik länger dem Bundestag angehört als er.
Dass Schäuble nach dem Attentat auf ihn den Weg zurück in die Politik gewählt habe, sei Ausdruck seiner starken Persönlichkeit und seines unermüdlichen Gestaltungswillens gewesen. "Wolfgang Schäuble ist damit zu einem Mut machenden Vorbild für viele Menschen geworden."
Scholz: "Deutschland verliert einen streitbaren Demokraten"
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte den ehemaligen CDU-Vorsitzenden. Auf der Online-Plattform X, vormals Twitter, schrieb er, der Politiker habe Deutschland durch sein politisches Wirken mehr als ein halbes Jahrhundert lang geprägt. "Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten. Meine Gedanken sind heute bei seiner Familie", so Scholz.
Auch in einer kurz darauf veröffentlichten Stellungnahme rückte der Kanzler die "beeindruckende und sehr lange Politiker-Karriere" Schäubles in den Fokus. "Sein Intellekt, seine Freude an der demokratischen Auseinandersetzung, sein konservatives Weltbild und seine rhetorische Schärfe zeichneten ihn in all dieser Zeit ganz besonders aus", hieß es in der Erklärung.
Deutschland verliert einen prägenden Christdemokraten, der gerne stritt und dabei doch nie aus dem Blick verlor, worum es geht in der Politik: Das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser zu machen.
"Große Trauer" um einen "engen Ratgeber"
CDU-Chef Friedrich Merz sprach auf X vom Verlust des "engsten Vertrauten und Ratgebers", den er je gehabt habe. Die Nachricht vom Tod des 81-Jährigen habe ihn mit großer Trauer erfüllt. Auch der CSU-Vorsitzende Markus Söder betonte die "großen Verdienste", die Schäuble in den von ihm ausgeübten politischen Ämtern um Deutschland erworben habe. Die CSU werde "ihm ein ehrendes Andenken bewahren".
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, Deutschland verliere "eine überragende Persönlichkeit mit politischer und programmatischer Weitsicht". Schäuble sei ihr politischer Lehrmeister gewesen, so Merkel. Gespräche mit ihm seien immer eine intellektuelle Bereicherung gewesen. Sie habe seine Disziplin bewundert, "auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte". Er sei damit "Millionen Menschen ein Vorbild" geworden.
Als "meinen wichtigsten Mentor und einen väterlichen Freund" beschrieb Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn Schäuble. Der frühere Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erinnerte an seine eigene Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium unter Schäuble und schrieb, einst habe er auf einen "Kanzler Schäuble" gehofft.
"Durch und durch Parlamentarier"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser beschrieb Schäuble als "einen der bedeutendsten Demokraten", einen "großen Staatsmann" und als "einen Architekt der Deutschen Einheit". "Sein Wort hatte großes Gewicht - als Minister, als Präsident des Deutschen Bundestages und auch in den vergangenen Jahren darüber hinaus. Er lebte und wirkte in Verantwortung für unser Land - bis zuletzt", so die SPD-Politikerin.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach der Familie Schäubles ihr tiefes Mitgefühl aus. "Kaum ein Politiker hat die jüngste deutsche Geschichte und unsere demokratische Kultur so geprägt wie Wolfgang Schäuble", äußerte sich die Grünen-Politikerin und hob besonders seinen Einsatz für die deutsche und europäische Einigung hervor.
Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, die das Amt 2021 von Schäuble übernommen hatte, kondolierte auf X den Angehörigen des Verstorbenen. Die Vizepräsidentin des Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, erklärte, Deutschland verliere "einen leidenschaftlichen Verteidiger unserer parlamentarischen Demokratie". Schäuble sei "durch und durch Parlamentarier" gewesen, "ein politischer Intellektueller", schrieb die Grünen-Politikerin. Sie habe ihn als "meinungsstarken und verlässlichen Menschen kennengelernt" und "seine Stärke im Argument geschätzt, die Streitbarkeit, nicht immer das Beharren, aber immer die Offenheit im Gespräch zu bleiben, auf hohem Niveau und herausfordernd".
Von der Leyen: Schäuble dachte stets weit voraus
Auch über die Landesgrenzen hinweg sorgte die Nachricht von Schäubles Tod für Bestürzung. So sieht auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Schäubles Tod einen schweren Verlust für Deutschland und Europa. "Nicht nur Wolfgang Schäubles Intellekt und seine Disziplin waren herausragend, sondern auch sein tiefer Respekt vor dem demokratischen Diskurs und seine Fähigkeit, sich immer wieder auf Neues einzulassen", schrieb seine Parteifreundin auf X.
Schäuble habe durch seine Taten und sein Vorbild wie kaum ein anderer die bundesdeutsche Demokratie geprägt und stets groß und weit vorausgedacht. "Ich werde seinen weisen Rat vermissen", so die EU-Spitzenpolitikerin.
Der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnete Schäuble als "Freund Frankreichs". Der frühere Finanzminister habe "zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit beigetragen", schrieb Macron auf X.
Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, nannte den früheren Bundesfinanzminister einen "Fels in der Brandung". Schäuble sei "ein wirklich überzeugter Europäer" gewesen, der seinem Land "mit seinem immensen Talent und seiner beeindruckenden Kraft" gedient habe. Lagarde und Schäuble hatten während der Eurokrise eng zusammengearbeitet. "Ich bin tieftraurig, in Wolfgang Schäuble einen wahren treuen Freund zu verlieren", erklärte Lagarde nun gegenüber "Zeit online".
"Er hat sein Leben in den Dienst des Landes gestellt"
Auch abseits der Politik wurde das Wirken Schäubles gewürdigt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland schrieb auf X, Schäuble habe "sein Leben in den Dienst unseres Landes gestellt und war ein enger Freund der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie".