Transparency International Deutschland Ziel korrupter Autokratien
Transparency International warnt vor Korruption durch Autokratien und hat die Bundesregierung aufgefordert, entschiedener dagegen zu kämpfen. Im weltweiten Ranking ist Deutschland einen Platz abgerutscht.
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland hat die Bundesregierung aufgefordert, die Bekämpfung von Bestechung und Bestechlichkeit zu einer Priorität zu machen. Zugleich warnte die Organisation vor Korruptionsversuchen aus dem Ausland.
"Weltweit setzen autokratische Staaten Korruption als Waffe ein, um ihre Interessen durchzusetzen und die politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität in demokratischen Ländern auszuhöhlen", warnte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Alexandra Herzog. Ziel seien insbesondere Europa und Deutschland, wie zuletzt die sogenannte "Katargate"-Affäre gezeigt habe, sagte sie bei der Vorstellung des Korruptionswahrnehmungsindexes 2022.
Deutschland steigt ab
Das Ranking zeige, dass Deutschland seit zehn Jahren bei der Korruptionsbekämpfung nicht entscheidend vorankomme, monierte die stellvertretende Vorsitzende Margarete Bause: Deutschland verlor im Vergleich zum Vorjahr einen Punkt und belegt mit 79 von 100 Punkten den neunten Platz - die niedrigste Punktzahl seit 2014. Die Nichtregierungsorganisation forderte Deutschland auf, einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Bestechlichkeit zu setzen.
"Die G7-Staaten haben 2022 Korruption endlich als Gefahr für die nationale Sicherheit benannt. Die Bundesregierung muss folgen und Korruptionsbekämpfung zur Priorität machen", sagte Herzog. In einem ersten Schritt solle die Bekämpfung von Korruption in der Nationalen Sicherheitsstrategie verankert werden. Außerdem müsse Deutschland deutlich stärker gegen Geldwäsche und verdeckte transnationale Geldströme vorgehen.
Verschärfung der Gesetze
Im internationalen Vergleich stünde Deutschland zwar gut da, weil zum Beispiel Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung hierzulande kaum eine Rolle spiele. "Doch Skandale wie die Maskenaffäre oder Cum-Ex haben zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt. Trotz wichtiger Reformen wie der Einführung des Lobbyregisters hat Deutschland weiterhin viele Baustellen", meint Bause und fordert eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung. Dies sei auch eine Lehre aus der Aserbaidschan-Affäre.
Außerdem gebe es noch keine unabhängige Lobbykontrolle. "Zur Prävention und Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität müssen die Behörden deutlich schlagkräftiger werden", mahnte Bause. Transparency Deutschland fordert unter anderem, die Strafverfolgungsbehörden und Justiz besser auszustatten, die Geldwäscheaufsicht zu verbessern und zügig ein Unternehmensstrafrecht einzuführen.
Bestechliche Politiker auch in Deutschland
Bei der Maskenaffäre soll eine PR-Managerin für die Vermittlung von Maskengeschäften zwischen dem Gesundheitsministerium und der Schweizer Firma Emix Provisionen in Millionenhöhe bekommen haben. Es handelte sich um ungewöhnlich teure Schutzmasken zum Preis von je 8,90 Euro - weit über Marktniveau.
Bei der Aserbaidschan-Affäre sollen zwei CDU- und CSU-Abgeordnete im Europarat Geld und Vorteile im Gegenzug für wohlwollendes Verhalten und positive Statements im Sinne Aserbaidschans erhalten haben.
Transparency warnt vor verheerenden Folgen
Das Beispiel des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zeige die verheerenden Folgen von Korruption, warnt die Organisation: Russland habe über Jahre mit Hilfe massiver finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene aufgebaut, etwa lukrative Posten für den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder oder die Unterstützung von AfD-Politikern. So habe Russland politische Entscheidungen etwa in der Energiepolitik beeinflussen und seine geostrategische Position stärken können.
Dänemark wieder Spitzenreiter
In dem Ranking belegt Dänemark mit 90 Punkten wie auch in den Vorjahren den ersten Platz. An der Spitze des Rankings finden sich insbesondere Staaten mit starken rechtsstaatlichen und demokratischen Institutionen wie Finnland, Norwegen und die Schweiz. Schlusslicht ist Somalia mit zwölf Punkten. Am Ende des Indexes stehen vorwiegend Staaten, die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind und in denen staatliche Institutionen zerfallen, wie Syrien, Südsudan, Jemen und Libyen.
Den höchsten Punktverlust hatten in den vergangenen zehn Jahren unter anderem die Türkei und Ungarn. Im Vergleich zum Index 2012 sind sie 13 Plätze abgerutscht. Grund ist laut Transparency International die zunehmende Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft, die für die Korruptionsbekämpfung und Eindämmung von Machtmissbrauch entscheidend sind.
Der jährlich erscheinende Index umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption. Der Index beruht auf der Einschätzung von Experten und Führungskräften.