Schutz vor extremen Parteien Auch die Union will Verfassungsgericht absichern
Extreme Parteien und Demokratiefeinde könnten das oberste deutsche Gericht relativ einfach ausschalten. In der Ampelkoalition wird daher überlegt, die Kontrollinstanz besser zu schützen. Die Union signalisierte Unterstützung.
Das Bundesverfassungsgericht ist die oberste juristische Instanz zur Kontrolle und eine der zentralen Säulen der Demokratie. Es schützt die verfassungsmäßige Ordnung auf Basis des Grundgesetzes. Aber es ist auch angreifbar. Politisch wäre es vergleichsweise leicht auszuschalten, es braucht lediglich eine einfache politische Mehrheit.
Extreme Parteien und "Feinde der Demokratie" könnten daran ein Interesse haben. Was also tun, wenn diese Kräfte in Deutschland immer stärker werden?
Union müsste zustimmen
In der Ampelkoalition gibt es daher Überlegungen, das höchste deutsche Gericht vorsorglich besser zu schützen. Etwa durch eine Grundgesetzänderung, dazu jedoch bräuchte es die Mithilfe der größten Oppositionsfraktion, also der Union.
Und von dort kommt nun Unterstützung. "Wir teilen die Sorge der parteipolitischen Einflussnahme auf die Justiz und insbesondere das Bundesverfassungsgericht", sagte Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Thema sei wichtig und sollte auf breiter Basis diskutiert werden.
"Im Grundsatz einig"
Man sei sich im Grundsatz einig, berichtete auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) aus Koalitions- und Oppositionskreisen. Ziel sei es, eine Situation wie in Polen zu vermeiden, wo das Verfassungsgericht unter dem Druck der damaligen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zusammengebrochen war.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, hatte in der "Welt am Sonntag" ebenfalls mit Verweis auf Polen vorgeschlagen, dass eine Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht künftig eine Zweidrittel- statt eine einfache Mehrheit erfordern sollte.
Man müsse Parlamentarismus und Verfassungsgerichtsbarkeit widerstandsfähiger gegen "Feinde der Demokratie" machen, ergänzte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Stephan Thomae. Dazu sollten wesentliche Strukturen des Gerichts im Grundgesetz verankert werden. Für eine Grundgesetzänderung wäre eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig - die Regierungsfraktionen bräuchten also die Zustimmung von CDU/CSU.
"Maximal wichtig für unsere Demokratie"
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz ging daher auf die Union zu. "Es ist notwendig und richtig, jetzt zügig zu beraten und zu entscheiden, wie wir das für unsere Demokratie maximal wichtige Bundesverfassungsgericht besser schützen können. Dabei ist es wichtig, CDU und CSU von Anfang an voll in die Beratungen einzubeziehen", sagte von Notz dem RND.
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser meldete sich in der Debatte zu Wort: "Autoritäre Kräfte wollen die Demokratie und den Rechtsstaat von innen zerstören, indem sie die unabhängige Justiz und die demokratischen Institutionen angreifen." Das wisse man auch aus der jüngsten Vergangenheit in europäischen Nachbarländern, sagte die SPD-Politikerin den Funke-Zeitungen. "Dass hierüber jetzt im Bundestag, in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit debattiert wird, zeigt, dass viele die Gefahren für unsere Demokratie erkannt haben."
Hintergrund der Überlegungen ist die Sorge vor einem Erstarken extremer Parteien im Bund. Sollten diese einmal eine parlamentarische Mehrheit erlangen, könnten sie das Bundesverfassungsgericht als zentrale Kontrollinstanz vergleichsweise leicht ausschalten.