Verkleinerung des Bundestags Regierungsmehrheit für Wahlrechtsreform steht
So wie es aussieht, kann die Ampelkoalition die Reform des Wahlrechts ohne die Opposition verabschieden. Bei internen Abstimmungen in den Fraktionen wurde der Gesetzentwurf gebilligt. Union und Linke kündigten aber bereits eine Verfassungsklage an.
Die Ampelkoalition wird die von Union und Linkspartei strikt abgelehnte Wahlrechtsreform voraussichtlich mit ihrer eigenen Mehrheit am Freitag im Bundestag beschließen. Bei Abstimmungen in den Fraktionen stimmten am Nachmittag die Abgeordneten von Grünen und FDP jeweils einstimmig und die der SPD mit überwältigender Mehrheit zu. Das teilten die Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) im Anschluss mit. Union und Linke kündigten Verfassungsklagen gegen die Reform an.
Grundmandatsklausel soll gestrichen werden
Durch die Reform wird der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag bei der nächsten Wahl wieder auf 630 Mandate verkleinert. Zentral ist, dass es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben wird. Gestrichen wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie bewirkt, dass eine Partei auch dann nach ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.
Auf diese Weise wäre die Linke heute nicht im Bundestag vertreten, weil sie bei der Bundestagswahl 2021 nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen holte. Die CSU kam bundesweit auf 5,2 Prozent, was historisch schlecht war. Wäre sie unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht, dann hätte sie nach dem neuen Modell keines der 45 errungenen Direktmandate bekommen.
Zustimmung der Union unwahrscheinlich
Die Ampelfraktionschefs nannten die Reform übereinstimmend "fair und verfassungsgemäß" und machten deutlich, dass sie einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht gelassen entgegensehen. Zugleich appellierten sie an die Union, der Reform doch noch zuzustimmen. Dies ist jedoch unwahrscheinlich.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte in Berlin, wenn es im Bundestag eine Mehrheit für die Pläne geben sollte, "ist aus meiner Sicht eine verfassungsrechtliche Überprüfung in der Tat geboten". Er werde seiner Fraktion vorschlagen, die Pläne am Freitag abzulehnen. Die Unionsfraktion werde für den Fall eines entsprechenden Bundestagsbeschlusses in der nächsten Sitzungswoche Ende März eine Entscheidung über eine mögliche Klage treffen, kündigte der CDU-Vorsitzende an.
Söder: Entwurf ist "ein dicker Hund"
CSU-Parteichef Markus Söder sieht mit dem Entwurf der Ampelkoalition zu einem neuen Bundeswahlrecht sogar die Existenz seiner Partei infrage gestellt. Der Entwurf, der am Freitag vom Bundestag beschlossen werden soll, sei "ein dicker Hund", sagte er in München. Söder kündigte an, im Zweifel dagegen klagen zu wollen.
Auch die Linksfraktion will nach Karlsruhe ziehen. "Ich sage ganz klar: Da werden wir auch das Bundesverfassungsgericht bemühen", sagte der Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch den Sendern RTL/ntv. Man werde alles versuchen, dass dieses Gesetz so nicht Realität werde - letztlich sei dieses ein Angriff auf die Demokratie.
Die Ampelvertreter berichteten, selbst am Montagabend habe man noch versucht, mit der demokratischen Opposition eine Einigung zu finden. Dies sei leider nicht gelungen.