Wahlrechtsreform Grünen-Fraktion trotzt Grünen-Kritik
Die Wahlrechtsreform der Ampel hat den Bundestag schon passiert. Aber laut einem Medienbericht wollen führende Grüne neu über die gestrichene Grundmandatsklausel verhandeln. Fraktionschefin Dröge sieht das anders.
Die Bundestagsfraktion der Grünen hält an der von der Opposition scharf und laut einem Medienbericht auch in Teilen innerhalb der eigenen Partei kritisierten Wahlrechtsreform fest. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, es sei "ein großer Erfolg, dass wir es geschafft haben, die Größe des Deutschen Bundestages jetzt effektiv zu beschränken". Das sei man den Wählerinnen und Wählern schuldig gewesen.
Mit den Unionsparteien könne man aber weiterhin darüber sprechen, ob sie bei der Bundestagswahl eine Listenverbindung eingehen. Die Union hatte eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht angekündigt.
Laut einem Bericht der "Zeit" sollen aber auch einige führende Landespolitiker der Grünen in einem internen Gespräch Bedenken gegen Teile der geplanten Reform angemeldet haben - vor allem hinsichtlich der geplanten Streichung der Grundmandatsklausel. Das berichtet die Zeitung unter Berufung auf Parteikreise. Viele Spitzenpolitiker der Partei auch auf Bundesebene teilten diese Ansicht.
Geschenk für CSU-Landtagswahlkampf?
Laut dem Bericht befürchten viele Spitzen-Grüne, der CSU ein Geschenk für den anstehenden Wahlkampf in Bayern gemacht zu haben. Mit der Streichung sei der Eindruck entstanden, dass die Bundesregierung das Wahlrecht nutze, um der Opposition zu schaden, argumentierte demnach der hessische Vizeministerpräsident Tarek Al-Wazir in dem internen Gespräch.
Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte laut dem Bericht, man dürfe mit dem Wahlrecht keine Politik machen. Es sei nicht richtig, wenn die Bundesregierung mit eigener Mehrheit ein Wahlrecht beschließe, dass die Opposition als illegitim empfinde. In Hessen und Baden-Württemberg regieren die Grünen mit der CDU.
Die "Zeit" will zudem erfahren haben, dass am Montagabend eine Schaltkonferenz stattfand, in der Grüne aus den Landesregierungen die Bundestagsfraktion scharf kritisierten. So sei der Tenor gewesen, dass die Art und Weise, wie die Reform durchgesetzt worden sei, dem Vertrauen in die Demokratie schade.
Gesamte Reform steht nicht zur Debatte
In der Partei wird nun dem Bericht zufolge diskutiert, ob man das Gesetz über den Bundesrat vorläufig stoppen könne. Da das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, wäre dafür eine Einspruchsmehrheit notwendig. Danach könnte sich dann der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag mit dem Gesetz befassen.
Laut "Zeit" wurde in parteiinternen Gesprächen allerdings die Sorge geäußert, dass am Ende die gesamte Reform scheitern könne, was unbedingt vermieden werden solle. Deshalb suchten die Grünen nun nach einem Weg, lediglich die Grundmandatsklausel zurückzubringen, ohne das gesamte Gesetz neu aufzuschnüren. Die nächste Sitzung des Bundesrats steht für Mitte Mai an.
Esken: Prüfung abwarten
SPD-Chefin Saskia Esken schloss Nachbesserungen vorerst aus. Es müsse erst die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht abgewartet werden, bevor über mögliche Kompromisslösungen gesprochen werden könne, sagte sie der "Augsburger Allgemeinen".
Die Verantwortung für den Streit liege bei der CSU. "Alle bisherigen Versuche, mit einer Wahlrechtsreform die Stimmengewichte gerechter zu verteilen und gleichzeitig den Bundestag zu verkleinern, sind letztlich am Widerstand der CSU gescheitert, die nur bereit ist, Veränderungen zu akzeptieren, die ihre eigene Position stärken", sagte Esken. Es sei deshalb gut, dass die Ampel "eine wirksame Wahlrechtsreform" angegangen sei.
Bundestag soll dauerhaft kleiner werden
Der Bundestag hatte am 17. März mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern.
Die nun gestrichene Grundmandatsklausel sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei, die 4,9 Prozent der Zweitstimmen erreicht hatte. Die CSU kam 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern.