Treffen zwischen Merkel und Kaczynski Vorsichtiger Optimismus vor EU-Gipfel
Bundeskanzlerin Merkel und Polens Staatspräsident Kaczynski haben sich nach ihrem Treffen in Berlin zuversichtlich zum kommenden EU-Gipfel geäußert. Bei dem Treffen des EU-Rates in Lissabon soll nächste Woche der neue EU-Reformvertrag von den Staats- und Regierungschefs erörtert werden.
Der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski und Bundeskanzlerin Angela Merkel setzen gemeinsam auf einen erfolgreichen Abschluss des EU-Reform-Gipfels kommende Woche in Lissabon. Das auf polnische Initiative zustande gekommene Gespräch im Kanzleramt in Berlin sei "in guter Atmosphäre" verlaufen, hieß es aus deutschen Regierungskreisen nach dem Treffen. "Beide Seiten sind an einem Erfolg in Lissabon interessiert."
Kaczynski sagte bei seiner Ankunft in Berlin zum bevorstehenden EU-Gipfel: "Wenn alle Informationen, die mich erreichen, wahr sind, dann wird das ein Erfolg werden". "Zwei bis drei Fragen" seien noch offen. Merkel äußerte sich zu den Streitpunkten nicht direkt. Sie sprach lediglich von "noch bestehenden Diskussionen", die überwunden werden müssten.
Merkel sieht portugiesische Ratspräsidentschaft am Zug
Merkel erklärte, sie wolle bei dem Arbeitsessen mit Kaczynski "noch bestehende Diskussionen" beenden. Auch EU-Diplomaten gehen derzeit von einer Lösung im monatelangen Streit mit Polen aus. Weder Kaczynski noch Merkel erklärten, über welche Streitpunkte sie noch sprechen wollten. Nach Angaben von Merkel stehen aber derzeit in dieser Frage alle europäischen Regierungen mit der portugiesischen Ratspräsidentschaft in Verbindung. Bereits am Montag hatte Kaczynski bei einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy eine 95- bis 98-prozentige Erfolgschance für den inoffiziellen Gipfel in Lissabon vorausgesagt.
Keine "Nebenverhandlungen" in Berlin
Schon im Vorfeld des auf Initiative von Kaczynski erfolgten Treffens in Berlin hatte die Bundesregierung jedoch versucht, die Erwartungen an die Gespräche zu dämpfen. Man führe keine "Nebenverhandlungen" zum EU-Vertrag, hieß es. Es sei Sache der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft eventuelle neue Kompromisse vorzulegen. Unter deutscher Ratspräsidentschaft war nach schwierigsten Verhandlungen im Juni der Rahmen für den Ersatz für die EU-Verfassung bis in die Details ausgehandelt worden. Polen gilt als größte Hürde für die Zustimmung zu den neuen Grundlagen-Verträgen der EU und damit für ein Ende des jahrelangen Tauziehens zur neuen Machtverteilung in der EU.
Fällt die Ioannina-Klausel?
EU-Diplomaten berichteten unterdessen, die Regierung in Warschau sei von ihrer Forderung abgerückt, ein Aufschubrecht gegen missliebige EU-Beschlüsse in den Text des europäischen Reformvertrags aufzunehmen. Polen sei nun mit einer weniger verbindlichen Festschreibung "außerhalb des Vertrags" zufrieden. Deutschland und andere EU-Staaten bevorzugen laut Diplomaten eine reine Erklärung zur sogenannten Ioannina-Klausel, die deutlich unverbindlicher und leichter zu widerrufen wäre.
Die Klausel sieht vor, dass im Fall sehr knapper EU-Beschlüsse mit den unzufriedenen Staaten weitere Verhandlungen geführt werden - mit dem Ziel eines Kompromisses. Nach Diplomatenangaben ermöglicht diese Absprache bereits jetzt den Aufschub eines Beschlusses um "einige Wochen", maximal aber um drei Monate - also die Zeit bis zum nächsten Gipfel.