Chef der Rabbinerkonferenz Aachener Karlspreis geht an Pinchas Goldschmidt
In Zeiten zunehmender antisemitischer Übergriffe wird in diesem Jahr der Präsident der europäischen Rabbinerkonferenz, Goldschmidt, mit dem Aachener Karlspreis ausgezeichnet. Das Direktorium lobte seinen Einsatz für Toleranz und Verständigung.
Der internationale Aachener Karlspreis geht in diesem Jahr an den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, und die jüdischen Gemeinschaften in Europa. Man wolle mit dieser Auszeichnung "das Signal setzen, dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und in Europa kein Platz für Antisemitismus sein darf", teilte das Karlspreis-Direktorium mit. Jüdisches Leben sei "ein wichtiger Teil der europäischen Geschichte und Gegenwart - jetzt und in Zukunft".
Seit dem terroristischen Angriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die Zahl der antisemitischen Straftaten in vielen Ländern Europas in die Höhe geschnellt. Goldschmidt sei stets dafür eingetreten, dass in Europa Menschen unterschiedlichster religiöser und kultureller Herkunft ihren Platz finden müssten, so das Direktorium weiter.
Einsatz für interreligiöse Verständigung
Große Wertschätzung habe zudem das Engagement Goldschmidts für den interreligiösen Dialog gefunden. So war er den Angaben zufolge 2015 Mitgründer des "Muslim-Jewish Leadership Council", einem jüdisch-muslimischen Expertenrat mit Sitz in Amsterdam, der den Erhalt von Religionsfreiheit und religiösem Frieden sowie eine Vertiefung des Dialogs zwischen Europas rund 1,5 Millionen Juden und mehr als 40 Millionen Muslimen zum Ziel hat.
Auch der jüdisch-christliche Dialog habe durch Goldschmidt wichtige Impulse erfahren, so das Karlspreis-Direktorium. So ist er seit Jahren im direkten Austausch mit Papst Franziskus. Zuletzt traf er im November 2023 mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche zusammen, um die aktuelle Situation im Nahen Osten zu besprechen.
Aufklärung über Antisemitismus
Im Austausch mit Vertretern der europäischen Organe, der OSZE und nationaler Regierungen informiere Oberrabbiner Goldschmidt regelmäßig über den Zustand der jüdischen Gemeinschaft, diskutiere die Bedrohungen des Antisemitismus und kämpfe gegen die Einschränkung religiösen Lebens in Europa, hieß es weiter.
Als Repräsentant einer der ältesten religiösen Minderheiten in Europa hat er es sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, "dabei behilflich zu sein, diesen schwelenden Antagonismus und den Konflikt zu beenden, der sich als größte Gefahr für die Einheit und die Sicherheit Europas in den kommenden Jahren erweisen könnte".
Preis für Verdienste um die europäische Einigung
Die Europäische Rabbinerkonferenz ist ein Zusammenschluss von rund 400 orthodoxen Rabbinern in Europa. Ihr Sitz ist in München. Der 1963 in Zürich geborene Goldschmidt steht der Vereinigung seit 2011 vor. 1993 wurde er zum Oberrabbiner von Moskau gewählt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine widersetzte er sich der Forderung, den Krieg zu unterstützen, und verließ Moskau im März 2022.
Der "Internationale Karlspreis zu Aachen" wird seit 1950 für besondere Verdienste um die europäische Einigung verliehen. Aachener Bürger hatten den Preis auf Anregung des Unternehmers Kurt Pfeiffer kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gestiftet. Die Auszeichnung ist nach Kaiser Karl dem Großen benannt, dessen Frankenreich sich im Frühmittelalter über weite Teile Westeuropas erstreckte.
Zu den Preisträgern gehören unter anderem Altbundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und Papst Franziskus. Im vergangenen Jahr wurden der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk mit dem Karlspreis geehrt.