Katholischer Synodaler Weg Schwer errungene Reformen
Nach dreieinhalb Jahren Synodalen Weges in der katholischen Kirche sind folgenreiche Reformentscheidungen gefallen. Die Laien mussten dafür eine Reihe Kompromisse machen. Viele hatten sich mehr vom Reformprojekt erhofft.
Am Freitagnachmittag gab es beim Synodalen Weg einen seltenen Moment des Aufatmens und der Erleichterung. Das Versteckspiel bei den Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare in der katholischen Kirche soll ein Ende haben. Die Synodalversammlung beschließt offizielle Segensfeiern für homosexuelle Paare. Von außen betrachtet das längst überfällige Ende von Diskriminierung.
Aus inner-katholischer Sicht aber doch ein schwer errungener Reformschritt. Der Vatikan hatte ihn zuvor ausdrücklich verboten. Aber allen war klar, dass diese Entscheidung Signalwirkung hat für die Reformbereitschaft in der katholischen Kirche und letztlich für den Erfolg des Frankfurter Reformprojekts als Ganzes. Ein weiterer Eklat wie vor einem Jahr, als die Bischöfe einer Neuausrichtung der katholischen Sexualmoral ihre Zustimmung verweigerten, hätte den Synodalen Weg zerstört.
Nein-Stimmen und Enthaltungen
Allerdings: Einen wirklichen Sinneswandel bei den reformskeptischen Bischöfen hat es offenbar nicht gegeben. Das Votum für die Segensfeiern wurde nur möglich, weil Bischöfe ihre Bedenken gegen diesen Schritt nicht mit einem "Nein"-Votum, sondern mit einer Stimmenthaltung bekundeten. Würden "Nein"-Stimmen und Enthaltungen zusammengezählt, wären der Text durchgefallen und bei den Segensfeiern für Homosexuelle die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe nicht zustande gekommen.
Man kann dieses Vorgehen, sich lieber zu enthalten, als "Nein" zu sagen, als ein Entgegenkommen der Bischöfe deuten. Aber wenn, dann geschah das aus nicht aus inhaltlicher Überzeugung, sondern eher aus taktischen Erwägungen.
Entgegenkommen der Laien
Entgegenkommen haben am Ende vor allem die Laien bewiesen. Sie machten wieder die ernüchternde Erkenntnis, dass etwa ein Drittel der Bischöfe dauerhaft nicht auf den Reformzug aufspringen möchte. Eher sind es nach den römischen Reformverboten der vergangenen Wochen und Monate noch mehr geworden. Um wenigstens einige Reform-Leuchttürme gemeinsam durchzubringen, haben die mehrheitlich entschieden reformwilligen Laien bis zur Schmerzgrenze Kompromisse akzeptiert.
Um die Frauenpredigt zu ermöglichen, mussten weitergehende Reformwünsche aufgegeben werden. Etwa, dass Frauen die Erlaubnis bekommen zu taufen, bei der Eheschließung zu assistieren oder die Beichte abzunehmen. Um ein Votum dafür zu bekommen, dass Rom das Amt des Diakons auch für Frauen öffnen möge, musste eine Formulierung gestrichen werden, die von ein "diakonisches Leitungsamt" beinhaltete.
Der in der Synodenaula so oft vorgebrachte Wunsch nach einer Gleichstellung der Frauen bei allen Ämtern der Kirche - auch bei der Priesterweihe - wurde am Ende bis zur Unkenntlichkeit verwässert. Entsprechende Argumente für die Priesterweihe von Frauen, die die Synodalversammlung vor einem halben Jahr verabschiedet hatte, sollen nun lediglich "in den weltkirchlichen Diskurs eingebracht" werden.
Angespannte Atmosphäre unter Beteiligen
Mehrmals stand im Raum, dass die Bischöfe mit "Nein" stimmen würden, wenn die Versammlung nicht entsprechende Abmilderungen aufnehmen würde. Das ging an die Ehre der Synodalen und schuf Verwundungen. Zumal die weitreichenden Veränderungswünsche erst in letzter Minute eingereicht worden waren. Die Atmosphäre war deshalb streckenweise "bis zum Zerreißen gespannt", wie Bischof Bätzing, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, sagte. Und er stellte selbstkritisch fest, dass die Bischöfe bis zur Fünften Vollversammlung offenbar nicht gelernt hätten, das "Spiel der Synode zu spielen".
Viele Synodale haben in den vergangenen drei Jahren Hunderte Stunden in die Erarbeitung von Reformtexten investiert. Sie erlebten nun einige Bischöfe, die sich in der Vorbereitung, bei Anhörungen nicht blicken ließen und am Ende noch Veränderungen forderten, die längst hätten diskutiert werden können.
Insofern sind beim Finale des Synodalen Weges alte Fronten aufgebrochen. Wenn es gilt, spielen einige Bischöfe doch das alte Spiel und ziehen die Machtkarte, hörte man Teilnehmer sagen. Bei allem Verständnis für die Abhängigkeit der Bischöfe von Rom und ihrer Einbindung in die Weltkirche: Wieder stand die Frage im Raum, wem eigentlich die erste Loyalität der Amtsträger gilt - dem Papst oder den Menschen hierzulande?
Reformentscheidungen mit Folgen
Am Ende des dreijährigen Synodalen Weges sind Reformentscheidungen gefallen, die Folgen haben. Allem voran die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes: Homosexuelle können nicht mehr wegen ihrer Liebe entlassen werden, sie erhalten den kirchlichen Segen. Frauen sollen immerhin auf der Kanzel Gesicht zeigen dürfen. Das ist viel weniger, als sich viele gewünscht hatten.
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Die harte Erkenntnis des Synodalen Weges ist, dass Reformverweigerung nicht nur im Rom auf der Tagesordnung steht und dass Veränderungen immer noch viel zu lange dauern in dieser Kirche. Zugleich kommt die katholische Kirche in Deutschland nicht mehr hinter den Synodalen Weg zurück. Mit der Einrichtung eines Synodalen Ausschusses sind die Weichen gestellt. Bischöfe und Laien werden gemeinsam auf einem Weg bleiben, der in Frankfurt am Main begonnene Kulturwandel im Miteinander von Amtsträgern und Laien wird also ein weiteres Übungsfeld bekommen.