Geplante Krankenhausreform Der Osten schlägt Alarm
Es ist eine komplizierte Operation: Das Krankenhaussystem soll reformiert werden. Der Bundesgesundheitsminister will damit ein Krankenhaussterben verhindern. Doch mehrere Bundesländer protestieren - vor allem im Osten.
Eines scheint den Länderchefs klar zu sein: "Wir sind uns einig, dass es eine Reform braucht", sagt Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen. Doch das war's dann mit der Einigkeit. Denn die Regierungschefs sorgen sich, um die Kliniken auf dem Land und um die wohnortnahe Grundversorgung. Der Grund ist die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
Nach ersten Vorschlägen soll es künftig nur noch drei Kategorien von Krankenhäusern geben: solche, die zur wohnortnahen Grundversorgung zählen, Häuser mit Regel- und Schwerpunktversorgung sowie Maximalversorger wie Unikliniken.
Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, fragt sich dabei, wie weit es Patienten künftig haben werden. Denn "wenn es künftig zu mehr Spezialisierung kommt, wie weit ist dann die Spezialisierung entfernt", so die SPD-Politikerin. Ihr sächsischer Kollege Michael Kretschmer ergänzt: "Wenn sie im ländlichen Raum 50 oder 60 Kilometer fahren müssten zu einem Krankenhaus, dann wird die Akzeptanz weg sein."
Der CDU-Politiker warnt, Regionen abzuhängen. Wer schon mal erlebt habe, was vor Ort los sei, wenn beispielsweise eine Geburtsklinik geschlossen werde, weil die Anzahl der Geburten zu niedrig ist, der bekomme ein Gefühl dafür, was so etwas für die Menschen vor Ort bedeutet, erläutert Kretschmer.
Gesundheitsminister Lauterbach will Ängste nehmen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach versucht, die Ministerpräsidenten zu beruhigen. Die Krankenhausreform führe nicht dazu, dass Standorte, die jetzt da sind und gebraucht werden, in ihrer Existenz bedroht werden. Laut dem SPD-Minister soll die Reform ein Krankenhaussterben gerade verhindern: "Die Kliniken sind derzeit in einer Schieflage. Viele sehr gute Kliniken machen Defizite und können diese Defizite im bestehenden System nicht beheben."
Lauterbach will deshalb weg von der bisherigen Finanzierung über Fallpauschalen. Krankenhäuser sollen nicht mehr hauptsächlich nach der Zahl der Operationen und Behandlungen bezahlt werden. Motto: Je mehr operiert wird, desto mehr Geld gibt es. Dieses System würde Kliniken auf dem Land früher oder später das Genick brechen, weil sie immer mehr Probleme haben, Pflegekräfte und Ärzte zu finden und in der Folge weniger Patienten behandeln können.
Neues Finanzierungssystem
Stattdessen soll sich die Finanzierung der Kliniken danach richten, was die Häuser an Personal, Expertise und Technik vorhalten. Zugleich soll die Qualität der Patientenversorgung erhöht werden - eben durch mehr Spezialisierung.
Zwar finden die Länderchefs die Grundzüge der Reformpläne gut, fordern aber eine Stärkung der Krankenhäuser auf dem Land. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow wirbt dafür, künftig mehr ambulante Behandlungen in Kliniken auf dem Land durchzuführen. "Die Trennung von ambulant und stationär kannte man in Ostdeutschland gar nicht und wundert sich, was das soll", sagt der Linken-Politiker.
Krankenhäuser auf dem Land könnten beispielsweise radiologische Untersuchungen vornehmen. "Warum ist dazu eine Facharzt-Niederlassung notwendig?", fragt sich Ramelow. Sachsens Regierungschef Kretschmer verweist darauf, dass die Krankenhauslandschaft im Osten bereits in den 1990er-Jahren "schmerzvoll" reformiert worden sei. Für ihn ist klar: In dem jetzigen Stadium könne man der Krankenhausreform nicht zustimmen.
Lauterbach: "Es liegen lange Wege vor uns"
Gesundheitsminister Lauterbach verspricht, die Sorgen und Forderungen der Länder bei den Schritten stärker zu berücksichtigen. "Es liegen noch lange Wege vor uns. Das ist eine große Reform", betont der Minister. Bis Anfang Mai will er einen Basisvorschlag in die Gespräche einbringen, der die Konsequenzen für die Kliniken aufzeigen soll. Ziel sei es, bis zum Sommer konkrete Eckpunkte für die Krankenhausreform vorzulegen.
Lauterbach und die Länderchefs sind dennoch optimistisch: Am Ende werde es eine Reform geben, weil es eine Reform geben müsse - die Einigkeit darin bleibt.