Lebensmittel im Müll "Containern" - bald erlaubt?
Jeden Tag landen tonnenweise Lebensmittel im Müll. Wer sie aus den Abfallbehältern von Supermärkten nimmt, macht sich aber strafbar. Dieses Containern soll nun straffrei werden, fordert Hamburgs Justizsenator Steffen.
Jeden Tag werfen Supermärkte große Mengen unverkaufter Lebensmittel weg - wegen abgelaufener Mindesthaltbarkeitsdauer oder Druckstellen. Doch wer diese Lebensmittel aus den Abfallbehältern nimmt, begeht nach geltendem Recht in Deutschland einen Diebstahl. Geht es nach dem Willen von Hamburgs Justizsenator Till Steffen, soll dieses sogenannte Containern nun legalisiert werden.
Nicht mehr als Diebstahl werten
Der Grünen-Politiker ließ einen entsprechenden Antrag für die Justizministerkonferenz vorbereiten. Sie findet kommende Woche in Lübeck-Travemünde statt. Steffen will erreichen, dass der Bund die gesetzlichen Regelungen zum Eigentum bei Lebensmitteln ändert. Das Einsammeln weggeworfener Lebensmittel aus Abfallcontainern soll nicht mehr als Diebstahl gewertet wird.
Hamburgs Justizsenator Steffen will, dass Containern nicht länger als Diebstahl gilt.
"Wir schmeißen in Deutschland jedes Jahr Millionen Tonnen Lebensmittel weg. Dass Menschen strafrechtlich verfolgt werden, die beim Containern gegen diese Verschwendung aktiv werden, finde ich falsch", sagte Steffen zu tagesschau.de. "Um das zu ändern, könnten entweder der Eigentumsbegriff im Bürgerlichen Gesetzbuch oder die Straftatbestände im Strafgesetzbuch geändert werden."
Der Antrag der Justizminister hätte zwar keine bindende Wirkung. Die Bundesregierung müsste sich aber mit dem Vorhaben befassen. Das Containern betreiben sowohl Obdachlose als auch Aktivisten, um damit gegen die Verschwendung von noch essbaren Lebensmitteln zu protestieren. Nach Berechnungen der Universität Stuttgart landen in Deutschland jährlich fast 13 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll.
Kampf gegen Lebensmittelverschwendung
Auch die Linkspartei hatte sich schon dafür ausgesprochen, das Einsammeln weggeworfener Lebensmittel straffrei zu machen. Im April forderte die Bundestagsfraktion der Linken die Bundesregierung in einem Antrag auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Auch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner will die Lebensmittelabfälle verringern - über freiwillige Vereinbarungen und mehr Informationen für Verbraucher.
Gleichzeitig will Hamburgs Justizsenator seinen Kollegen kommende Woche ein Wegwerfverbot für Supermärkte vorschlagen. Eine Lösung, die verbietet, noch genießbare Lebensmittel wegzuwerfen, sei "noch nachhaltiger", begründete Steffen das. Es würde dem Containern "die faktische Grundlage" gleich ganz entziehen, heißt es im Antrag. Vorbild könne Frankreich sein. Dort müssen Lebensmittelmärkte mit mehr als 400 Quadratmetern Ladenfläche unverkaufte Nahrungsmittel an Hilfsorganisationen abgeben. Eine ähnliche Regelung gilt in Tschechien.