De Maizières Vorstoß zur Leitkultur Eine "goldrichtige" Debatte?
Erst hagelte es Kritik an Innenminister de Maizière, nun melden sich verstärkt die Unterstützer zu Wort: In der Union mehren sich die Stimmen, die eine breite Debatte über eine Leitkultur fordern. Tenor: Integrationsappelle reichten nicht aus.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat in der Union eine breite Debatte über eine Leitkultur ausgelöst. Nachdem sein Beitrag in einer Sonntagszeitung zunächst bei der Opposition auf vehemente Kritik gestoßen war, melden sich in CDU und CSU nun verstärkt Unterstützer der Idee zu Wort.
CDU-Vize Thomas Strobl sagte der "Heilbronner Stimme", der Einwurf des Ministers sei "goldrichtig". Zur Begründung verwies er unter anderem auf das Abstimmungsverhalten von in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürger beim Verfassungsreferendum. Das sei "eine Folge gescheiterter Integration".
Reicht das Grundgesetz nicht aus?
Sein Co-Vize Armin Laschet erklärte im Bayerischen Rundfunk, man brauche "mehr als nur Gesetze". Für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft seien bestimmte Prinzipien erforderlich, "die über das Grundgesetz hinausgehen". Deshalb seien "Wertediskussionen dieser Art" immer wieder erforderlich.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber vertrat gegenüber der "Schwäbischen Zeitung" die Ansicht, stolz auf Schwarz-Rot-Gold zu sein gehöre zu den Werten der deutschen Leitkultur. Die sei "mehr als nur das Grundgesetz". Es seien die Werte, die das Zusammenleben in unserem Land ausmachten - "beispielsweise dass wir eine Aufsteigergesellschaft sind, dass sich Leistung lohnt, dass wir stolz auf Schwarz-Rot-Gold sind", sagte Tauber.
CSU freut sich über "überfällige Debatte"
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der "Passauer Neuen Presse", es sei "überfällig", dass die Debatte über Leitkultur "endlich auch in Berlin geführt wird".
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verteidigte de Maizière und verlangte konkrete Taten. Wer sich als Zuwanderer nicht in Deutschland integrieren wolle, müsse in letzter Konsequenz das Land verlassen. "Denn nicht zuletzt der starke Flüchtlingszustrom der letzten Jahre hat große Teile der Bevölkerung verunsichert", sagte er der "Welt".
Schulz verweist auf die Verfassung
In der SPD und bei der Opposition war der Vorstoß de Maizières bereits am Wochenende auf massive Ablehnung gestoßen. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz schloss sich der Kritik an und bezeichnete den Vorstoß de Maizières mit Verweis auf die Verfassung als unsinnig. Die deutsche Leitkultur sei "Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
De Maizière hatte die Bundesbürger am Wochenende aufgerufen, sich selbstbewusst zu einer deutschen Leitkultur zu bekennen und sie vorzuleben. Der Innenminister nannte einen Katalog von zehn Punkten, der jenseits von Grundrechten und Grundgesetz nach seiner Meinung die Leitkultur ausmacht. So seien für Deutschland Respekt und Toleranz wichtig. Zum Mehrheitsprinzip gehöre der Minderheitenschutz. Gewalt werde grundsätzlich nicht akzeptiert. Deutschland sei eine offene Gesellschaft: "Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka."