Merkels Regierungserklärung "Kein Land kann Krise allein bestehen"
Im Juli übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Kanzlerin Merkel hat in ihrer Regierungserklärung eindringlich für Zusammenhalt und Solidarität plädiert. Die EU müsse nun wichtige Reformen voranbringen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts der Corona-Pandemie eine engere Zusammenarbeit in der Europäischen Union eingefordert. "Kein Land kann die Krise isoliert und allein bestehen", sagte Merkel in einer Regierungserklärung zur anstehenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Juli. Noch nie seien Solidarität und Zusammenhalt in Europa so wichtig gewesen. Die Pandemie habe offengelegt, wie fragil das europäische Projekt noch sei.
Erste Reflexe, auch in Deutschland, seien eher national und nicht durchgehend europäisch gewesen. Dies sei unvernünftig gewesen. Jetzt müsse darauf geachtet werden, dass Europa nicht wirtschaftlich auseinanderdrifte sagte sie.
Maßnahmen gegen Spaltung
Merkel verteidigte den deutsch-französischen Vorschlag für einen 500-Milliarden-Euro-Hilfsfonds zum Wiederaufbau als Mittel gegen Radikale und Spaltung in Europa. "Wir dürfen nicht naiv sein: Die antidemokratischen Kräfte, die radikalen, autoritären Bewegungen, warten ja nur auf ökonomische Krisen, um sie dann politisch zu missbrauchen", warnte sie.
Kritiker in der EU wie Österreich und Dänemark lehnen einen solchen Fonds ab, weil das Geld in Form von nicht zurückzuzahlenden Zuschüssen vergeben werden soll. Die EU-Kommission präsentierte anschließend einen Wiederaufbauplan im Wert von 750 Milliarden Euro. Dieser soll auf Kredit finanziert und bis 2058 abbezahlt werden. Merkel sagte, sie werde sich für eine möglichst schnelle Einigung zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU als auch für den EU-Wiederaufbaufonds einsetzen.
"Wandel beschleunigen"
Nach den Worten der Bundeskanzlerin müsse Europa die Pandemie dazu nutzen, wichtige Reformen voranzubringen. Sie sagte zu den Grundlinien und Zielen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, wie Europa die Krise bewältige, werde über seinen Wohlstand und seine Rolle in der Welt entscheiden. Zugleich befinde sich Europa in einem tiefgreifenden Umbruch: Klimawandel und die Digitalisierung würden das Zusammenleben fundamental verändern.
Daher müsse aus der Pandemie heraus der Wandel gestärkt und beschleunigt werden. Davon hänge auch ab, ob Europa nach der Pandemie kreative und stabile Unternehmen habe. Andere Staaten schliefen nicht. Denn die Pandemie habe gezeigt, wie abhängig Europa von Drittstaaten sei. Europa sei verwundbar. Die Krise lasse sich entsprechend nur in dem Sinne überwinden, wenn in Europa zusammengearbeitet werde.
China als Partner?
Merkel skizzierte in ihrer Rede auch das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und China. Sie sieht die Volksrepublik als "strategischen Partner", mit dem ein "offener Dialog" nötig sei. Die Entscheidung, den geplanten EU-China-Gipfel in Leipzig im September abzusagen, sei ihr nicht leicht gefallen, sagte Merkel. Sie sei sich aber mit EU-Ratspräsidenten Charles Michel und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping einig, dass dieses Treffen nachgeholt werden müsse.
"Gerade gegenüber einem strategischen Partner wie China ist es wichtig, dass Europa mit einer Stimme aller 27 Mitgliedstaaten spricht", betonte die Kanzlerin. Merkel plädierte für einen Dialog mit Peking über eine Zusammenarbeit an dem EU-Investitionsschutzabkommen, den Klimaschutz und eine gemeinsame Rolle in Afrika. Damit setzte sie sich von dem Konfrontationskurs der USA zu China ab.