Sachleistungen statt Bargeld für Asylbewerber Bund nimmt Länder in die Pflicht
Angesichts der steigenden Zahl von Asylbewerbern will der Bund verstärkt auf Sach- statt auf Geldleistungen setzen. Umsetzen müssen das die Länder. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält den Schritt für "nicht zielführend".
Im Streit über staatliche Leistungen für Asylbewerber in Deutschland erhöht der Bund den Druck auf die Länder. FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der 16 Bundesländer auf, bestehende Geldleistungen für Migranten auf Sachleistungen umzustellen. "Mein Ultimatum lautet: Am 6.11. ist Stichtag. Bis dahin müssen alle 16 MPs sagen, wir wollen keine Bargeldzahlungen mehr, denn die sind ein klarer Pullfaktor", sagte Dürr in der TV-Sendung "RTL/ntv-Frühstart". Am 6. November ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz geplant.
Bund will Asylbewerber mit Sachleistungen versorgen
Dabei soll es angesichts des rasant steigenden Zahl der Flüchtlinge vor allem um die finanzielle Regelung für die Versorgung gehen. Die Länder fordern dafür mehr Geld vom Bund, was dieser zurückweist. Vertreter der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP haben wiederholt darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Möglichkeiten für die Länder gegeben seien, Asylbewerbern mittels Sachleistungen und nicht mehr pauschal mit Geld zu versorgen.
Begründet wird die Forderung damit, dass viele Menschen die staatlichen Hilfen teilweise an ihre Verwandten in ihren Heimatländern überweisen. Zudem sehen vor allem die FDP, aber auch die Union die finanzielle Unterstützung als einen "Pullfaktor", der Geflüchtete dazu motiviert, nach Deutschland zu kommen. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser bekräftigte im ZDF, dass der Bund längst die Möglichkeit für die Länder eröffnet habe, das System auf Sachleistungen umzustellen. Das hätte man "in den letzten Jahren" schon machen können, sagte die SPD-Politikerin.
"Generelle Umstellung nicht zielführend"
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hingegen hält eine generelle Umstellung von Geld- auf Sachleistungen für Asylbewerber in Deutschland für nicht zielführend. Es gebe schlicht "praktische Gründe, warum man differenzieren muss", sagte Miriam Marnich, Referatsleiterin für Asyl, Flüchtlinge und Migration. Bei einer generellen Umstellung auf Sachleistungen fielen für die Verwaltung sehr viel höhere Kosten an, der Aufwand wäre groß. Auch müsste etwa der Handel bereit sein, Gutscheine für Lebensmittel anzunehmen.
Generell stehen in der Erstaufnahme zunächst die Bundesländer in der Verantwortung bei der Versorgung der Menschen, die Kommunen übernehmen diese Aufgabe nach der Weiterverteilung. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zu entnehmen, dass ein Teil der Unterstützung der Menschen als Geldleistung zur Verfügung stehen muss. Vorgesehen sind hierfür monatlich 182 Euro für eine alleinstehende Person, hinzukommen etwa Lebensmittel, Kleidung und Medikamente von 228 Euro pro Person, die laut Marnich je nach Unterkunftsart vielfach bereits als Sachleistungen erbracht werden.
Forderung nach Angleichung der Leistungen in der EU
Marnich betonte, dass eine Verteilung von Sach- statt Geldleistungen etwa in Gemeinschaftsunterkünften einfacher umzusetzen sei als bei einer dezentralen Unterbringung der Menschen. Dass Migranten in der Lage seien, Geld in ihre Heimat zu überweisen, komme in Einzelfällen sicher vor. "Allerdings wird in vielen Fällen nicht wahnsinnig viel übrig bleiben", fügte Marnich mit Blick auf die Regelsätze hinzu. Sie sehe im übrigen in der Frage der Sozialleistungen keinen entscheidenden "Pullfaktor". Allerdings sei es sinnvoll, die Leistungen innerhalb der Europäischen Union anzugleichen. "Das ist aus unserer Sicht das grundlegende Problem, das man angehen muss."