Innenminister fordern Kontrollen an EU-Grenzen "Die EU hat zu viel Zeit verloren"
Deutschland und Frankreich wollen in Brüssel die EU-Staaten überzeugen: Die EU braucht schnell strengere Kontrollen an den Außengrenzen, um die Einreise von Dschihadisten zu verhindern. Auch das umstrittene Fluggastdatenabkommen müsse nun kommen. Doch die Lage ist kompliziert.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für strengere Kontrollen an den EU-Außengrenzen ausgesprochen. Das sei im Kampf gegen den Terror nötig, denn es gebe Tausende reisende Dschihadisten, die in Syrien an der Seite der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) kämpften. "Von dort werden Terroranschläge koordiniert und geführt in Europa", sagte de Maizière beim Treffen der EU-Innen- und Justizminister in Brüssel.
Die Minister wollen sich bei dem Treffen darauf verständigen, künftig auch Reisende mit europäischem Pass bei der Ein- und Ausreise in die EU zu kontrollieren.
Die EU-Innenminister sprechen sich für Kontrollen an den EU-Außengrenzen aus, um die Einreise von Dschihadisten zu verhindern. Was müsste sich dafür ändern?
Artikel 7 des Schengener Grenzkodex' schreibt vor, dass EU-Bürger an den Außengrenzen nur minimal kontrolliert werden dürfen: Grenzbeamte checken lediglich, ob der Pass gefälscht ist und ob er noch gültig ist. Nur in Einzelfällen prüfen sie, ob der Reisende in Fahndungsdatenbanken auftaucht und etwa als Terrorist gesucht
wird. Da viele Terrorverdächtige - so auch einige Attentäter von Paris - einen europäischen Pass haben, müsste da nachgelegt werden. Denn sie entgehen den
Sicherheitsüberprüfungen, die Nicht-EU-Bürger und ankommende Flüchtlinge durchlaufen.
Fast jede Woche werde in Deutschland ein nach oder aus Syrien Reisender festgenommen. "Deswegen müssen wir wissen, wer nach Europa fliegt, wer nach Europa zurückkommt, damit wir reagieren können." Damit wirbt de Maizière für das aus Datenschutzgründen umstrittene EU-Fluggastdatenabkommen. Es müsse bis Ende des Jahres verabschiedet werden.
Cazeneuve: "Zu viel Zeit verloren"
Auch Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve forderte seine Kollegen "dringend" auf, den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus in Europa zu verbessern. Die EU habe "zu viel Zeit bei einer Reihe von Fragen verloren", sagte Cazeneuve. Man müsse nun "die Entscheidungen treffen, die geboten sind". Dazu gehören seiner Aussage nach auch schärfere Kontrollen sowohl an den EU-Außengrenzen als auch an den Übergängen zwischen den Mitgliedsstaaten. Wichtig sei auch ein schärferes Vorgehen gegen den Waffenschmuggel, "der Ursache für eine große Zahl von Terrorakten ist".
De Maizière kritisierte den mangelnden Austausch der EU-Staaten über Terrorverdächtige: "Es gibt auch Informationen, die uns nicht erreichen, und dann haben wir Sicherheitslücken." Bislang meldeten nur fünf von 28 EU-Staaten Informationen an die europäische Polizeibehörde Europol - alle anderen aber nicht. Die EU-Staaten wollen bei dem Treffen eine engere Kooperation von Polizei und Justiz beim Anti-Terror-Kampf vereinbaren.
Viele Widerstände
Laut ARD-Korrespondentin Bettina Scharkus sind zwar alle Staaten grundsätzlich bereit, intensiver zusammenzuarbeiten. Andererseits gäben sie in der Sicherheitspolitik ungern Kompetenzen an Europa ab. So gebe es vor allem in Deutschland viel Widerstand gegen die Flugdatenspeicherung. Und die von der EU-Kommission vorgeschlagene gemeinsame Geheimdienstbehörde habe erst recht keine Chance. Die Staaten wollten ihre eigenen Geheimdienste behalten.
Auch die von Frankreich geforderte rasche Umsetzung werde so nicht funktionieren, weil mögliche Änderungen noch in nationales Recht übernommen werden müssten.