Bundesnetzagentur-Chef Müller "Zeit der billigen Energie aus Russland vorbei"
Der Gaspreis sinkt zwar deutlich, bei den meisten Haushalten kommt das aber nicht an. Netzagenturchef Müller schätzt, dass es noch bis zu einem Jahr dauert, bis die Verbraucher von den Preissenkungen profitieren.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, rechnet damit, dass es noch Monate dauert, bis die sinkenden Großhandelspreise für Strom und Gas bei den Verbrauchern ankommen. Er gehe davon aus, dass die Haushalte erst in sechs bis zwölf Monaten von den Senkungen profitieren könnten, sagte Müller der "Rheinischen Post". Das läge an der Laufzeit der Verträge und an der Einkaufsstrategie der Unternehmen.
So niedrig wie vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine werden die Energiepreise nach den Worten des Netzagenturchefs aber nicht mehr werden. "Wir müssen uns an höhere Preise gewöhnen, die Zeit der billigen Energie aus Russland ist endgültig vorbei", erklärte er.
Die Großhandelspreise für Gas, die im Spätsommer bei über 300 Euro pro Megawattstunde gelegen hätten, seien auf ein Niveau um die 50 Euro gefallen. Das sei weit mehr als im Jahr 2021, doch die neue Normalität. Dauerhaft höhere Preise erforderten, dass Unternehmen effizienter würden. "Hier haben viele Fortschritte gemacht. Die Unternehmen werden sich weiter anstrengen müssen", sagte der Behördenchef.
Sonderkündigungsrecht für Verbraucher
"Wir bekommen viele Beschwerden von Verbrauchern, die die hohen Preise ihres Versorgers kritisieren", sagte Müller. Verbraucher hätten ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Preise erhöht würden. Wenn Unternehmen die Rechte der Verbraucher verletzten, könne die Bundesnetzagentur dagegen vorgehen. Das Bundeskartellamt wache darüber, dass Lieferanten die Preisbremsen nicht missbrauchten.
Einen Gasmangel in den nächsten Wochen schloss Müller aus: "Die Gasspeicher sind zu 64 Prozent gefüllt. Selbst wenn es in den nächsten Wochen noch einmal richtig kalt werden sollte, ist die Versorgung dank der Speicher gesichert." Aber darauf dürfe man sich nicht ausruhen, betonte Müller: "Im nächsten Winter kann das anders aussehen."
Risikofaktoren seien, dass der Winter 2023/24 sehr kalt werde, Haushalte und Firmen zu wenig Energie sparten und die LNG-Terminals nicht wie geplant arbeiteten.
Seit März greift die Preisbremse
Seit Dezember ist der Preis für Erdgas in einer kontinuierlichen Abwärtsbewegung. Mit ausschlaggebend hierfür sind die vergleichsweise gut gefüllten Erdgasspeicher. In der ersten Märzwoche fiel der Preis für den richtungsweisenden Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat bis auf 42,50 Euro je Megawattstunde (MWh).
Günstiger war europäisches Erdgas zuvor im August 2021. Zuletzt bewegte sich der Preis bei etwas über 43 Euro. Seit Anfang März greifen zudem die milliardenschweren staatlichen Preisbremsen zur Dämpfung der Energiekosten. Rückwirkend gibt es auch eine Entlastung für Januar und Februar. Wie hoch die Entlastung ausfällt, richtet sich nach dem jeweiligen Verbrauch und Tarif.