Neujahrsansprache von Kanzler Scholz "Ein neues Zusammenrücken"
In seiner ersten Neujahrsansprache hat Bundeskanzler Scholz zu Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen - nicht nur in der Corona-Krise. Eine Spaltung sehe er nicht. Das Gegenteil sei richtig: "Unser Land steht zusammen."
Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie und bei der geplanten Erneuerung des Landes zu Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen. In seiner ersten Neujahrsansprache als Kanzler appellierte er an die Bürgerinnen und Bürger, sich angesichts der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante des Coronavirus impfen zu lassen und warb um Verständnis für die neu in Kraft getretenen Beschränkungen.
Gemeinsames Handeln sei nicht nur bei der Bewältigung der Pandemie erforderlich, sondern auch wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen und in nicht einmal 25 Jahren unabhängig von Kohle, Öl und Gas werden wolle.
"Das Jahr 2021 hat uns alle sehr gefordert", sagte Scholz. Die Corona-Pandemie mit ihren Belastungen und Einschränkungen "steckt uns allen in den Knochen". Scholz erinnerte auch an das verheerende Hochwasser in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz. "So schlimm beides gewesen ist - unsere Reaktion darauf enthält auch eine durch und durch erfreuliche Botschaft: Als Gesellschaft haben wir in Deutschland diese Herausforderungen entschlossen angenommen."
"Corona im neuen Jahr endlich besiegen"
Scholz dankte allen, die sich für Gemeinwohl, Gesundheit und Sicherheit einsetzen - "egal ob in Krankenhäusern, Pflegestationen, Arztpraxen oder Impfzentren, in Polizeirevieren und bei der Bundeswehr". Er dankte auch jenen Bürgerinnen und Bürgern, die sich bemühten, sich an die geltenden Regeln zu halten.
Mit Blick auf die neuen Beschränkungen betonte Scholz, das Virus übertrage sich in der neuen Omikron-Variante noch leichter. "Bitte nehmen Sie diese Beschränkungen sehr ernst. Zu Ihrem Schutz, zum Schutz Ihrer Familien. Zum Schutz von uns allen." Wer sich noch nicht habe impfen lassen, solle dies jetzt nachholen, wer bereits geimpft sei, solle sich rasch boostern lassen. "Jetzt kommt es auf Tempo an. Wir müssen schneller sein als das Virus", sagte Scholz. "Tun wir miteinander alles - aber auch wirklich alles - dafür, dass wir Corona im neuen Jahr endlich besiegen können."
Aufruf zu respektvollem Miteinander
Dass die deutsche Gesellschaft infolge der Corona-Pandemie gespalten sei, wies Scholz zurück. "Das Gegenteil ist richtig. Unser Land steht zusammen. Was ich überall wahrnehme, das ist eine riesige Solidarität, das ist überwältigende Hilfsbereitschaft, das ist ein neues Zusammenrücken und Unterhaken."
Kritiker der Corona-Maßnahmen, die sich in den vergangenen Wochen zum Teil stark radikalisiert haben, rief der Kanzler zu einem respektvollen Miteinander auf. Natürlich gebe es gerade zum Thema Corona unterschiedliche Meinungen und Einschätzungen. "Das ist oft anstrengend. Aber eine starke Gemeinschaft hält Widersprüche aus - wenn wir einander zuhören. Und wenn wir Respekt voreinander haben."
"Ein Jahrzehnt des Aufbruchs"
Die andere große Aufgabe neben der Corona-Krise sei es, den Grundstein dafür zu legen, dass Deutschland weiter gut vorankomme, sagte Scholz. "Die 20er Jahre werden zu einem Jahrzehnt des Aufbruchs." Die Bundesregierung wolle den größten Umbau der deutschen Wirtschaft voranbringen. "Wir werden die großen Veränderungen unserer Zeit gemeinsam und miteinander meistern können. Wenn wir als Gemeinschaft zusammenhalten. Respekt, Anerkennung und gute Lebenschancen für alle sind die Voraussetzungen dafür", betonte Scholz. Als modernes Industrieland werde Deutschland seine Klimaziele erreichen. "Unsere Technologien gehören weiter zur Weltspitze."
Deutschland habe alles, was es dafür brauche: gut ausgebildete Facharbeiterinnen und Facharbeiter, kluge Ingenieurinnen und Ingenieure, aktive Handwerksbetriebe und Unternehmen. Fortschritt für eine bessere Welt könne kein Land allein erreichen, sagte Scholz. Das gelinge nur, wenn die internationale Gemeinschaft zusammen daran arbeitet. Deutschland wolle seine nun beginnende Präsidentschaft in der Gruppe der G7-Staaten nutzen, damit dieser Staaten-Kreis zum Vorreiter werde, "zum Vorreiter für klimaneutrales Wirtschaften und eine gerechte Welt".