Bundestag diskutiert Palliativmedizin Eine ruhige und persönliche Debatte
Ohne Schmerzen zu sterben - darüber hat der Bundestag beraten. Anlass war ein neues Gesetz, das 200 Millionen Euro zusätzlich für Sterbebegleitung vorsieht, unter anderem für Palliativstationen in Kliniken.
Von Martin Mair, MDR, ARD-Hauptstadtstudio
Schnell und schmerzlos, umgeben von Freunden oder Familie - wenn schon sterben, dann doch so. Hilde Mattheis steht im dunkelblauen Blazer am Rednerpult des Bundestags und beschreibt einen Wunsch, den wohl jeder hat. Doch die Realität sieht anders aus, weiß die SPD-Gesundheitspolitikerin: "Egal wo wir uns verorten, sind wir uns in diesem Haus sicherlich einig, dass wir in dem Bereich Palliativ, Hospiz Verbesserungen wollen."
Gemeint ist eine umfassende Sterbebegleitung, wenn die Medizin nicht mehr heilen kann. Jeder habe ein Recht auf einen Tod ohne Schmerzen, sagte die CDU-Politikerin Annette Widmann-Mauz und betonte: "Wir wollen erreichen, dass die Palliativmedizin und die Hospizkultur möglichst überall dort verwirklicht wird, wo Menschen sterben."
Gesetz greift an verschiedenen Stellen
Egal ob im Krankenhaus, Heim oder zu Hause - das Gesetz greift an verschiedenen Stellen. Besonders wichtig für Patienten: Sie haben künftig einen Rechtsanspruch auf Beratung, welche Möglichkeiten für die Sterbebegleitung es überhaupt gibt. Pflegeheime müssen sich stärker um eine palliativmedizinische Versorgung kümmern.
"Kooperationsverträge mit Haus- und Fachärzten, die besonders wichtig sind zur medizinischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner, werden in Zukunft nicht länger freiwillig sein", erklärte Widmann-Mauz.
Und weil fast jeder zweite Deutsche im Krankenhaus stirbt, soll es für Kliniken leichter werden, eine Palliativ-Station aufzubauen. Die Kassen übernehmen dafür höhere Kosten. Besonders wichtig ist es der Großen Koalition, die Versorgungslücken auf dem Land zu schließen. Ärzte bekommen hier mehr Geld.
"Es fehlt an Geld und Personal"
Das seien alles gute Ansätze, findet auch die Opposition. Um dann, wie etwa die Grüne Elisabeth Scharfenberg hinterherzuschieben, das Gesetz gehe nicht weit genug: "Es fehlt an Personal und an Geld. Und gute Palliativ- und Hospizversorgung in Kliniken und Pflegeheimen ist aber abhängig von genügend Personal."
Doch woher das kommen soll, erklärt das Gesetz nicht. Und die Linkspartei moniert, dass das Geld nicht reicht. Rund 200 Millionen Euro mehr für die Palliativmedizin geben die Kassen künftig pro Jahr zusätzlich aus, rechnet der Gesundheitsminister.
Appell, sich mehr mit dem Tod auseinanderzusetzen
Am Geld dürfe der Wunsch nach einem Sterben in Würde nicht scheitern - das ist so von allen Fraktionen zu hören - genauso wie der Appell, sich mehr mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen. "Denn dann enttabuisieren wir ihn, dann ist es möglich auch über all die Dinge zu diskutieren, über die wir hier reden und dann ist es auch möglich, über das zu reden, was notwendig ist für eine gute Sterbebegleitung", sagte der CDU-Politiker Jens Spahn.
Ganz zum Schluss wird die ruhige Debatte noch einmal persönlich, als der 35-Jährige das sagt. Der Tod, so Spahn, müsse wieder Teil des Lebens, des Alltags werden - und nicht abgeschoben in ein Krankenhaus oder Pflegeheim.