Milliardenschwere Reform Kabinett billigt Rentenpaket

Stand: 29.01.2014 11:15 Uhr

Die Bundesregierung hat als ihr erstes Gesetz die Rentenreform auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss den Entwurf von Arbeitsministerin Nahles. Sie räumte ein, noch keine verfassungskonforme Lösung für die Rente mit 63 gefunden zu haben.

Als erstes großes Gesetzesvorhaben hat die schwarz-rote Bundesregierung das milliardenschwere Rentenpaket auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte den Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles. Er enthält die besonders umstrittene abschlagsfreie Rente ab 63 für langjährig Versicherte, die verbesserte Mütterrente, eine Aufstockung der Renten für Erwerbsgeminderte und bessere Reha-Leistungen.

Noch keine verfassungskonforme Lösung für Rente mit 63

In einer anschließenden Pressekonferenz verteidigte Nahles das Gesetzespaket. Es stelle zugleich die Weichen für weitere Koalitionsvorhaben, sagte sie: "Den Menschen soll es besser gehen. Wir wollen mehr Gerechtigkeit."

Mit der besonders umstrittenen abschlagsfreien Rente ab 63 für langjährig Versicherte werde den Betroffenen "nichts geschenkt", betonte die SPD-Ministerin. "Diese Rente ist verdient." Auch Zeiten kurzer Arbeitslosigkeit würden angerechnet. Für künftige Rentner mit 63 Jahren nach langjähriger Beitragszahlung gelte: "Nach Jahren der Anstrengungen wird ihnen nichts mehr weggenommen."

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"Ich hatte einen ganz, ganz kleinen Moment des Stolzes, als ich den unterschrieben hab'. Den hab' ich mir genehmigt."

Anreize für eine neue Vorruhestandswelle sollen vermieden werden. Allerdings räumte Nahles ein, dass es ihr bislang nicht gelungen sei, eine verfassungskonforme Lösung gegen den befürchteten Trend zur Frühverrentung zu finden. Dies werde aber im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren gelingen, versicherte sie.

Grundsätzlich glaube sie aber nicht, dass es tatsächlich zu einer "Massen-Frühverrentung" komme. Dies sei auch für Arbeitgeber wegen der notwendigen Abschlagszahlungen an die Arbeitnehmer sehr teuer. Denn Frühverrentung rechne sich für Arbeitnehmer nur, wenn der Arbeitgeber eine Prämie drauflege.

Aus der Wirtschaft und Teilen der Union wird gewarnt, dass Beschäftigte unter Zuhilfenahme von zwei Jahren Arbeitslosengeld I mit 61 aufhören könnten zu arbeiten, um mit 63 Jahren ohne Abzüge in Rente zu gehen.

Gesetz soll ab 1. Juli gelten

Außerhalb der Koalition stoßen auch die Kosten für die Rentenreform auf Kritik. Sie summieren sich bis 2030 laut Gesetzentwurf auf etwa 160 Milliarden Euro - jährlich neun bis elf Milliarden Euro. Bezahlt werden soll alles zunächst aus der gut gefüllten Rentenkasse.

Die Verabschiedung des Gesetzespakets durch den Bundestag ist für Mai geplant. Am 1. Juli sollen die Änderungen in Kraft treten.

Das Rentengesetz der Koalition

Mütterrente: Etwa 9,5 Millionen Frauen, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, erhalten Kindererziehungszeiten in der Rente besser honoriert. Pro Kind gibt es - rückwirkend zum 1. Juli 2014 - im Westen brutto etwa 28 Euro monatlich mehr, im Osten etwa 26 Euro. Dies ist eine Verdoppelung des bisher bezahlten Zuschlags. Auch Väter haben alternativ Anspruch auf die verbesserte Leistung. Frauen mit jüngeren Kindern sind in der Rente aber immer noch besser gestellt.

Abschlagsfreie Rente ab 63: Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll schon mit 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen können. Begünstigt sind Angehörige der Geburtsjahrgänge bis 1952. Für danach Geborene mit besonders langen Beitragszeiten erhöht sich das abschlagfreie Renten-Zugangsalter stufenweise auf 65 Jahre. Ab dem Geburtsjahrgang 1963 gilt dann nur noch diese Marke. Phasen kurzzeitiger Arbeitslosigkeit werden in dem Konzept mit angerechnet, ebenso Zeiten der Kindererziehung, der Pflege von Familienangehörigen oder Zeiten mit Bezug von Insolvenzgeld. Für Langzeitarbeitslose gilt die Regelung nicht.

Erwerbsminderungsrente: Wer aus Krankheitsgründen vorzeitig in Rente gehen muss, wird besser als bisher gestellt sein. Die sogenannte Zurechnungszeit wird um zwei Jahre angehoben. Das wirkt sich so aus, als ob ein Betroffener bis zur Vollendung des 62. Lebensjahres in die Rente eingezahlt hat. Das entspricht einem Plus von bis zu 40 Euro im Monat. Die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung sollen unberücksichtigt bleiben, wenn sie - etwa wegen gesundheitsbedingter Reduzierung der Arbeitszeit - bei der Berechnung des Durchschnittseinkommens negativ zu Buche schlagen würden.

Solidarische Lebensleistungsrente: Geringverdiener werden dem Gesetz zufolge ab 2017 eine garantierte Rente von rund 850 Euro bekommen, wenn sie 40 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben. Bis 2023 reichen 35 Beitragsjahre. Danach ist eine private Altersvorsorge Zugangsvoraussetzung. Bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit können angerechnet werden.