Scholz im Hochwassergebiet "Wir werden niemanden alleinlassen"
Bundeskanzler Scholz hat ein Hochwassergebiet in Sachsen-Anhalt besucht. Vor Ort sagte er den Betroffenen Unterstützung auch bei der späteren Beseitigung der Schäden zu. Derweil ist eine Entspannung der Lage Sicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist im Hochwassergebiet im Süden Sachsen-Anhalts eingetroffen. Gemeinsam mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) machte er sich in Oberröblingen, einem Stadtteil von Sangerhausen, ein Bild von der Lage. Außerdem kam er mit Einsatzkräften ins Gespräch.
Zuvor hatte sich der Kanzler, der in Gummistiefeln unterwegs war, von einem Hubschrauber aus einen Überblick verschafft. Scholz, Lemke und Haseloff begutachteten am Vormittag den Deich an der Helmebrücke. Die Helme, die durch Sachsen-Anhalt und Thüringen fließt, entwässert den südlichen Teil des Unterharzes.
Scholz sagt Hilfen für Hochwasser-Betroffene zu
Scholz zeigte sich beeindruckt von der Solidarität der Helfer vor Ort. Dies zeige, "dass wir zusammenstehen in Deutschland". Der Kanzler sagte den Menschen in den Hochwassergebieten Hilfen zu. "Wir werden niemanden alleinlassen", so Scholz. "Das gilt für den Bund, das gilt für die Länder und für viele andere gemeinsam, das gehört zu unserem Land dazu."
Auf die Frage nach einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse im Bund sagte Scholz, man werde nach dem Hochwasser "gucken müssen, wie groß die Schäden sind und was das bedeutet und daraus dann unsere Schlüsse ziehen". Das werde gemeinsam und solidarisch in Deutschland erfolgen. "Die Entscheidung werden wir dann zwischen Bund und Ländern intensiv beraten und treffen, wenn es soweit ist."
Ministerin Lemke kündigte an, Verbesserungen beim Katastrophenschutz zu prüfen. Dafür müsse es eine mittel- und langfristige Abstimmung zwischen Bund und Ländern geben, wie man sich auf solche Hochwasserlagen vorbereiten könne.
Vereinzelt kam es bei dem Besuch von Scholz zu Buh-Rufen. Eine rund zehnköpfige Gruppe bezeichnete ihn als "Verbrecher", außerdem war "Ihre Politik basiert auf Lügen" zu hören und "geh gleich wieder zurück". Es ist der zweite Vor-Ort-Besuch von Scholz in der aktuellen Hochwasserlage. An Silvester hatte er sich im niedersächsischen Verden an der Aller über die dortige Situation informiert.
Wasserstand überschreitet Alarmstufe
Die Hochwasserlage im Landkreis Mansfeld-Südharz bleibt angespannt. Der Wasserstand an der Helme in Bennungen wurde am Morgen mit 2,42 Meter angegeben und überschritt damit die höchste Alarmstufe 4. Kurz vor dem Jahreswechsel war in dem Landkreis in Sachsen-Anhalt der Katastrophenfall ausgerufen worden.
Der Fluss Helme war stellenweise weit über seine Ufer getreten. Vom Hochwasser sind im Landkreis neben Bennungen unter anderem die Orte Berga und Kelbra betroffen, außerdem der Sangerhäuser Stadtteil Oberröblingen. Der Landrat von Mansfeld-Südharz, André Schröder, geht von einer angespannten Lage auch in den kommenden Tagen aus. "Wir rechnen mit mindestens zehn Tagen", sagte Schröder dem Sender n-tv. Das hänge von der weiteren Entwicklung des Wetters ab, so Schröder.
Aber auch wenn Kälte und Frost in den nächsten Tagen kämen, müsse die Talsperre weiter Wasser abgeben und Deiche kontrolliert werden. "Wir brauchen noch ein bisschen Durchhaltevermögen", betonte Schröder. Derzeit seien bereits rund 500 Einsatzkräfte vor Ort, rund 100 Spezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) sowie zahlreiche freiwillige Helfer. "Die Region rückt zusammen", so Schröder. Die Lage sei angespannt, aber stabil.
Bei der Bewältigung der Hochwasserlage wird auch die Bundeswehr zum Einsatz kommen. Ein Antrag des Landkreises Mansfeld-Südharz sei bewilligt worden, teilte die Bundeswehr mit. Die Soldaten sollen sich am Freitag auf den Weg machen und ihre Arbeit am Montag aufnehmen. Geplant sei der Einsatz von 150 Soldaten bis zum 14. Januar. Einige Soldaten waren zuvor schon in Oberröblingen und berieten die dortigen Einsatzkräfte.
"Truppe ist bereits sehr gefordert"
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, warnte vor übereilten Rufen nach der Bundeswehr. Zwar habe die Truppe während der Corona-Pandemie und bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal gezeigt, dass sie "gerne und aus voller Überzeugung" helfe, sagte Högl dem "Spiegel". "Doch die Truppe ist aktuell bereits sehr gefordert - und zwar in ihrem Kernauftrag: der Landes- und Bündnisverteidigung".
"Amtshilfe ist und darf kein Dauerzustand sein. Deshalb sollte sehr sorgfältig geprüft werden, in welchem Umfang die Bundeswehr in den akuten Hochwassergebieten helfen kann", sagte Högl. Vom Hochwasser betroffene Landkreise in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt hatten Anträge auf Amtshilfe gestellt.
Angespannte Lage in Niedersachsen
Auch in Niedersachsen bleibt die Hochwasserlage in mehreren Regionen weiterhin kritisch. Betroffen davon sind wie seit mehreren Tagen sechs Landkreise sowie die Stadt Oldenburg, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover sagte. Die betroffenen Landkreise sind Celle, Oldenburg, Emsland, Osterholz, der Heidekreis sowie Verden.
In diesen Kommunen ist demnach weiterhin ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt. Dadurch können Landkreise oder Städte beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen. Ein Katastrophenfall wurde bislang in keiner Region ausgerufen. In Niedersachsen gibt es acht kreisfreie Städte sowie 37 Landkreise.
Regen soll nachlassen
Hoffnung macht, dass der Regen in Niedersachsen heute und in den kommenden Tagen nachlassen soll. Ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes teilte mit, dass endlich von Entspannung gesprochen werden könne. Zwar werde am Freitag noch einmal Regen erwartet, aber wenig im Vergleich zu den vergangenen Tagen. Insgesamt werde es trockener und wesentlich kälter. Ab dem Wochenende sei ein Wintereinbruch zu erwarten mit Schneeschauern, Dauerfrost tagsüber und Glätte bei Temperaturen bis zu minus sieben Grad.
Auch in Sachsen-Anhalt könnte sich die Hochwasserlage leicht entschärfen. "Es wird trockener, die ergiebigen Regenfälle hören auf", sagte Cathleen Hickmann vom Deutschen Wetterdienst. Für den Tagesverlauf und für Freitag werde zwar noch gebietsweise leichter Sprühregen erwartet, es seien aber längst nicht mehr die Mengen der vergangenen Tage. Insgesamt werde es trockener und wesentlich kälter.