Entwürfe zur Sterbehilfe in der Kritik Unvereinbar mit dem Grundgesetz?
Die Neuregelung der Sterbehilfe ist eines der sensibelsten Gesetzesprojekte. Die juristischen Experten des Bundestages meldeten jetzt verfassungsrechtliche Bedenken gegen drei der vier Entwürfe von Abgeordneten-Gruppen an. Die Parlamentarier bleiben aber gelassen.
Von René Möller, Radio Bremen, ARD-Hauptstadtstudio
Die Neuregelung der Sterbehilfe ist kein leichtes Thema. Vor der Sommerpause diskutierte der Bundestag in einer sehr emotionalen Debatte darüber. Wie schwierig das Thema ist, betonte zu Beginn der Sitzung auch Bundestagspräsident Noberber Lammert: "Mit diesem Tagesordnungspunkt beginnen wir das vielleicht anspruchsvollste Gesetzgebungs-Projekt dieser Legislaturperiode."
Dreimal verfassungsrechtliche Bedenken
Vier verschiedene Entwürfe gibt es. Vom kompletten Verbot über mehrere Kompromisse bis zu einem Antrag, wonach Ärzte ganz offiziell Sterbehilfe leisten dürfen, reicht das Spektrum. Aber jetzt meldet der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages verfassungsrechtliche Bedenken bei drei der vier Vorlagen an.
Der Entwurf mit den meisten Unterstützern erntet die meiste Kritik. Es ist die Vorlage um den CDU-Abgeordneten Michael Brand und die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese. Laut Griese wollen sie vor allem kommerziellen Sterbehilfevereinen das Handwerk legen: "Vereine und Einzelpersonen, die als ihr Hauptgeschäft auf Wiederholung angelegt, regelmäßig assistierten Suizid anbieten und Menschen zu Tode bringen, das wollen wir unterbinden."
Doch die Bundestags-Juristen sagen jetzt, dass es zu unklar sei, was eine geschäftsmäßige Wiederholung sei und was nicht. Die Juristen haben dabei vor allem Ärzte in Krebsstationen im Auge. Sie könnten schnell mit Sterbehilfevereinen auf einer Stufe stehen, wenn sie in Hospizen Schwerkranken mit Medikamenten helfen.
Widerstand war erwartet worden
Für CDU-Politiker Brand sind diese Zweifel nicht überraschend: "Dass diejenigen, die Sterbehilfe als sogenannte Sterbehilfevereine organisiert, geschäftsmäßig anbieten, sich gegen unseren Gesetzentwurf wehren, das war nun wirklich zu erwarten. Und deswegen haben wir auf den Punkt genau geachtet und sind sehr sicher, dass es halten wird."
Jahrelang hätten er und seine Kollegen der anderen Fraktionen mit dutzenden Juristen an dem Gesetzentwurf gearbeitet, so Brand. Er ist sich sicher, dass der Antrag am Ende genau so auch vor dem Bundesverfassungsgericht durch geht: "Wir sind wirklich optimistisch, weil wir sauber gearbeitet haben, weil wir gründlich gearbeitet haben. Und weil wir auch versucht haben, ein maßvolles Gesetz auf den Weg zu bringen, das nicht über das Ziel hinausschießt."
Kritik an zwei weiteren Entwürfen
Kritik gibt es an zwei weiteren Vorlagen. Der Entwurf einer Gruppe Koalitionsabgeordneter um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze überschreitet laut Gutachten die Kompetenzen des Bundesgesetzgebers zulasten der Länder. Die Gruppe will einen ärztlich assistierten Suizid ermöglichen, um das nach ihrer Einschätzung schärfere ärztliche Berufsrecht auszuhebeln. Dies bedeute aber einen Eingriff in das den Ländern obliegende Standesrecht, so die Bundestags-Juristen. Ähnliche Bedenken gibt es auch beim Entwurf einer Gruppe um die Grünen-Politikerin Renate Künast und Petra Sitte von der Linkspartei.
Entscheidung wohl nach der Sommerpause
Nach der Sommerpause geht es kommenden Monat mit diversen Anhörungen weiter. Dann würden die Juristen des Bundestages noch einmal Gelegenheit haben, sich die Argumente anzuhören, sagt der CDU-Politiker Brand. Denn er und seine Mitstreiter hätten Experten, Juristen, Strafrechtler, Ethiker, Ärzte, Palliativmediziner eingeladen,um Stellungnahmen abzugeben. Und im November, da ist sich Michael Brand sicher, wird dann der Bundestag eine Entscheidung treffen.