Gerangel um EU-Spitzenposten Druck auf Merkel steigt
Im Postenpoker um EU-Spitzenjobs erhöht die SPD den Druck auf die Union und Kanzlerin Merkel. Statt Geklüngel sei ein klares Bekenntnis zu den Spitzenkandidaten nötig. Zugleich brachte die SPD ihren eigenen Kandidaten Schulz in Stellung.
Das Gerangel um EU-Spitzenposten erreicht nun auch die Große Koalition in Berlin. Die SPD drängte die Union und Kanzlerin Angela Merkel, sich zu den Spitzenkandidaten für die Europawahl zu bekennen. "Europa ist in einem so schwierigen Zustand, dass Europa beide braucht: Juncker und Schulz", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel dem Berliner "Tagesspiegel". Der bisherige EU-Parlamentspräsident und sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl, Martin Schulz, müsse der künftigen EU-Kommission angehören.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi ging die Kanzlerin in der "Süddeutschen Zeitung" direkt an: Merkel müsse endlich Position beziehen. Sie müsse "klar erklären, ob sie wirklich zu Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident steht - oder lieber das Geklüngel auf Spitzenebene fortsetzen möchte". Im Ringen um diese europäische Top-Position solle sich die Kanzlerin nicht hinter dem britischen Premierminister David Cameron verstecken. Fahimi warnte: Der Machtkampf auf EU-Ebene drohe "das Vertrauen in die europäische Idee" zu beschädigen.
Vorwurf: Wählertäuschung
Die Staats- und Regierungschefs hatten sich mit ihrem Nicht-Bekenntnis zum Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion, Juncker, Kritik von allen Seiten eingehandelt. Und die Kritik reißt nicht ab: Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok warnte davor, den Wählerwillen zu missachten. "Es ist völlig klar, wer Kommissionspräsident wird: Jean-Claude Juncker", sagte Brok der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte bei "Spiegel Online", seine Partei werde eine "Wählertäuschung" nicht unterstützen.
Alle Fraktionen des Europaparlaments hatten sich bereits am Tag nach der Wahl klar hinter Juncker gestellt. Als Spitzenkandidat der stärksten Fraktion habe er Vortritt bei der Mehrheitssuche im Parlament, signalisierte auch der Zweitplatzierte Schulz. Aus den Reihen der Liberalen heißt es, man wolle Juncker unterstützen. Der neue Kommissionschef braucht die Stimmen von mindestens 376 Abgeordneten.