Studie der Bertelsmann Stiftung Bald genug Lehrkräfte an Grundschulen?
Der Mangel an Grundschullehrkräften könnte einer Bertelsmann-Studie zufolge schon bald vorbei sein. Grund seien die sinkenden Geburtenzahlen - entsprechend gehe auch der Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern zurück.
Nach einer Prognose der Bertelsmann Stiftung könnte der Lehrkräftemangel an Grundschulen in Deutschland in den nächsten Jahren deutlich entschärft werden. Weil zuletzt wieder weniger Kinder geboren wurden als bis 2021, geht die Erhebung von einem zunehmenden Überschuss an Lehrerinnen und Lehrern im Primarbereich in den kommenden Jahren aus.
Bis 2035 stehen demnach zusammengenommen sogar rund 45.800 fertig ausgebildete Lehrkräfte mehr zur Verfügung als gebraucht werden, um den Unterricht abzudecken.
Mehr Spielraum für Qualitätsverbesserungen
Ein rechnerisches Überangebot an Absolventen bedeute jedoch nicht notwendigerweise Arbeitslosigkeit für die Pädagogen, betonen die Studienautoren Klaus Klemm und Dirk Zorn. Vielmehr bekomme die Politik den Spielraum für Qualitätsverbesserungen, der heute fehle.
So könnten die Lehrkräfte für den Ausbau der Ganztagsangebote genutzt werden oder um mehr Personal an Schulen in sozial schwierigen Lagen einzustellen, empfehlen die Experten. Außerdem schlagen sie vor, Grundschullehrer auch für den Einsatz in den fünften und sechsten Klassen weiterzubilden.
Mit ihrer Schätzung weicht die Bertelsmann Stiftung deutlich von der Ende 2023 vorgelegten Prognose der Kulturministerkonferenz (KMK) ab, die für das Jahr 2035 einen Überschuss von 6300 Absolventen im Primarbereich ermittelt hatte.
Sinkende Geburtenzahlen
Verantwortlich für diese Abweichung sei die Trendwende in der demografischen Entwicklung: Während 2021 in Deutschland noch 795.500 Kinder geboren wurden, waren es 2022 noch 738.800 und 2023 hochgerechnet nur noch 689.300, wie es hieß. Dieser Rückgang um mehr als 100.000 Geburten führe dazu, dass auch die Zahl der Schüler ab 2028 stärker sinken werde, als in der KMK-Prognose angenommen.
Grundsätzlich unterliegen Prognosen wie diese einer Reihe von Unschärfen. So sind nach Angaben des Bildungsexperten Zorn erwartbare Wanderungsbewegungen einbezogen, nicht jedoch "exogene Schocks, die große Fluchtbewegungen auslösen, wie ein neuer Krieg und Katastrophen".
Die Bertelsmann Stiftung wurde 1977 durch den Unternehmer Reinhard Mohn gegründet, den damaligen Chef des Medienkonzerns Bertelsmann. Nach Angaben des Konzerns halten Stiftungen, unter anderem die Bertelsmann Stiftung, heute etwas mehr als 80 Prozent der Aktien am Bertelsmann-Konzern, zu dem unter anderem die RTL Group, das Musikunternehmen BMG, die Verlagsgruppe Penguin Random House sowie Servicegeschäfte gehören.
Für ihre Studien sammelt und analysiert die Bertelsmann Stiftung Daten und gibt Handlungsempfehlungen an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger ab. Sie arbeitet operativ, das heißt sie unterstützt nicht die Arbeit Dritter, sondern investiert ausschließlich in selbst initiierte Projekte. Dabei dient sie nach eigenen Angaben dem Gemeinwohl und ist zu politischer Neutralität verpflichtet.