Rassismus und Homophobie Strafvorschriften sollen Lücken schließen
Mit der "verhetzenden Beleidigung" sollen unter anderem rassistische und homophobe Äußerungen per Brief oder im Netz unter Strafe gestellt werden. Auch "Missbrauchsanleitungen" sollen verboten werden.
"Keine Strafe ohne Gesetz" - so lautet ein zentrales Prinzip im deutschen Strafrecht. Das bedeutet: Nur was klar als strafbar benannt ist, kann der Staat auch sanktionieren.
Umgekehrt ist aber eben nicht alles, was man landläufig als strafwürdig ansehen mag, tatsächlich immer auch strafbar. Um eine solche Lücke zu schließen, soll nun nach dem Willen der Bundesregierung, der neue Tatbestand der "verhetzenden Beleidigung" ins Strafgesetzbuch integriert werden.
Es geht etwa um Briefe, E-Mails oder direkte Nachrichten in sozialen Netzwerken. Allzu oft äußern auf diesen Wegen die Absender rassistisches oder homophobes Gedankengut. Und zwar in Richtung solcher Personen, die ihrerseits den angefeindeten Gruppen angehören. Etwa, wenn Juden mit Verweis auf den Holocaust mitgeteilt wird, dass "unter den Nazis doch vieles besser" gewesen sei. Oder wenn Muslime pauschal als minderwertig diskreditiert werden.
Für die Empfänger ist das oft ein Schock und für die meisten anderen empörend. Aber längst nicht immer sind solche und vergleichbare Aussagen bislang auch strafbar.
Oft ist es keine Volksverhetzung im juristischen Sinn
Zwar gibt es schon jetzt den Tatbestand der Volksverhetzung. Der aber erfordert unter anderem, dass eine Äußerung auch geeignet ist, "den öffentlichen Frieden" zu stören. Daran fehlt es oft bei direkten Äußerungen schriftlicher oder verbaler Art. Wenn also nur ein einzelner Empfänger angesprochen oder angeschrieben wird, ist dadurch selten auch der "öffentliche Frieden" gefährdet.
Auch die "normale" Beleidigung ist strafbar, hat aber solche Fälle ebenfalls nicht immer erfasst. Denn hierfür ist es notwendig, dass eine bestimmte Person, oder zumindest eine klar abgrenzbare und überschaubare Gruppe adressiert wird. Bei pauschalen Verunglimpfungen etwa aller Muslime, aller Juden oder aller Homosexueller ist das meist nicht der Fall.
Gesetzeslücke soll geschlossen werden
Nach Ansicht der Bundesregierung handelt es sich dabei um eine Gesetzeslücke, die nun schnell geschlossen werden soll. "Wir sind in der Verantwortung, jeden und jede in unserer Gesellschaft vor Anfeindungen und Ausgrenzung zu schützen", begründet Bundesjustizministerin Christine Lambrecht das Vorhaben. "Wir müssen der Menschenverachtung von vornherein den Nährboden entziehen, und wo immer nötig, konsequent einschreiten."
Die neue Strafvorschrift "verhetzende Beleidigung" soll als Paragraph 192a ins Strafgesetzbuch eingefügt werden. Unter Strafe steht es dann, "eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen" zu beschimpfen, böswillig verächtlich zu machen oder zu verleumden.
Damit wären dann auch jene Tathandlungen erfasst, die bislang nicht strafbar sind. Es reicht, solche Inhalte an die Betroffenen "gelangen" zu lassen. Das erfasst also auch das Weiterleiten etwa von Internet-Memes. Voraussetzung ist aber immer: Die Inhalte müssen geeignet sein, die Menschenwürde anderer anzugreifen. Als Strafe sind Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren vorgesehen.
Nach den ursprünglichen Plänen der CDU/CSU sollte der neue Paragraph nur solche Gruppen schützen, die unter den Nationalsozialisten verfolgt wurden: Juden, Homosexuelle sowie Sinti und Roma. Muslime wären danach folglich nicht von der Norm geschützt worden. Der überarbeitete Entwurf hat diese nun aber miteinbezogen.
Verknüpfung mit bestehendem Gesetzentwurf
Um die neue Strafvorschrift möglichst schnell ins Strafgesetzbuch zu integrieren, hat die Bundesregierung sie nun mit einem Gesetzentwurf zu "Feindeslisten" verknüpft. Dieser wird ohnehin im Bundestag beraten und soll nun schnell beschlossen werden. Ziel dieses Entwurfs ist es, die Verbreitung sogenannter Feindeslisten mit Namen und Daten vermeintlicher politischer Gegner explizit unter Strafe zu stellen.
Auch "Missbrauchsanleitungen" künftig strafbar
Auf dem gleichen Wege soll ein neuer Tatbestand ins Strafgesetzbuch eingearbeitet werden, der die Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe stellt. Auch hier sah die Bundesregierung eine Regelungslücke. Solche Missbrauchsanleitungen kursieren im Internet und beschreiben, wie sexueller Missbrauch von Kindern vorbereitet, ermöglicht, durchgeführt oder verschleiert werden kann. Bei Verdächtigen habe man häufig derartige Anleitungen gefunden.
Deren Besitz und Verbreitung war bislang aber nur in Ausnahmefällen strafbar, etwa wenn in der Anleitung gleichermaßen kinderpornographische Darstellungen oder Gewaltdarstellungen enthalten waren. Auch hier soll der Gesetzgeber nun die Strafbarkeits-Lücke schnell schließen.