Ermittlungen gegen Mitarbeiter Ist Geld aus China auch bei Krah gelandet?
Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ gehen die Sicherheitsbehörden dem Verdacht nach, ob der AfD-Politiker Krah Geheimdienstgeld aus China erhalten hat. Im Fokus steht sein Mitarbeiter Jian G., der bereits in Untersuchungshaft sitzt.
In der Affäre um einen mutmaßlichen chinesischen Spion im Büro des Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl, Maximilian Krah, sind neue Details aufgetaucht. Im Fokus steht dabei sein langjähriger Mitarbeiter Jian G., der inzwischen wegen Spionagevorwürfen in Untersuchungshaft sitzt.
Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung gehen Sicherheitsbehörden dem Verdacht nach, ob der Beschuldigte Jian G. über einen längeren Zeitraum hinweg Krah persönlich, dessen Kanzlei und dessen Abgeordnetenbüro mit hohen fünfstelligen Summen finanziell unterstützt hat - und ob dieses Geld möglicherweise vom chinesischen Geheimdienst stammt.
Ein Teil der Gelder soll den bisherigen Ermittlungen zufolge über mutmaßliche Scheinrechnungen geflossen sein. Dabei sollen sowohl Krahs Büro als auch dessen ehemalige Anwaltskanzlei in Dresden eine Rolle gespielt haben.
Auf dem Kanzleikonto fanden Ermittler nach Informationen von WDR, NDR und SZ etwa 14.000 Euro, die von unterschiedlichen Firmen G.s angewiesen wurden. Die Rechnungen sollen von einer Mitarbeiterin der Kanzlei verfasst worden sein.
In zwei Fällen soll Jian G. zuvor den Rechnungstext vorformuliert und an Krah sowie die Mitarbeiterin per Email geschickt haben. G.s Anwälte waren für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. G. sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Jian G. offenbar mehr als ein Jahr lang überwacht
Die Sicherheitsbehörden haben ihre Erkenntnisse offenbar auch gewonnen, indem sie Jian G. und dessen Kommunikation mehr als ein Jahr lang überwacht haben. So soll der aus China stammende, inzwischen deutsche Staatsbürger G. nach Kenntnis der Behörden angegeben haben, seit 20 Jahren für einen chinesischen Nachrichtendienst zu arbeiten. Jian G. soll in überwachter Kommunikation außerdem behauptet haben, insgesamt Zahlungen von mehr als 50.000 Euro an Krah veranlasst zu haben.
Krahs Anwalt hält das für unverständlich. Bei "ordnungsgemäß ausgestellten Kanzleirechnungen" sei davon auszugehen, "dass die darin ausgewiesenen Rechtsberatungsleistungen auch tatsächlich erbracht worden sind."
Krah wird nicht als Beschuldigter geführt
Es besteht bei den Ermittlern auch der Verdacht, dass dabei nicht etwa privates Geld von Jian G., sondern Gelder aus geheimdienstlichen Quellen in China an Krah geflossen sein könnten. Krah wird in dem Verfahren des Generalbundesanwalts gegen Jian G. nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge geführt.
Bei den Ermittlungen gegen Jian G. sollen auch Scheinrechnungen in Summe von insgesamt 10.000 Euro für Krahs Büro eine Rolle gespielt haben, die eine Kontaktperson bereits vorgelegt habe. Gemeint sein könnte Krahs Abgeordnetenbüro.
Krahs Anwalt hält dies für nicht schlüssig, da alle Rechnungen von der Fraktion engmaschig kontrolliert und überprüft würden. Insgesamt seien Krah solche Vorwürfe bisher nicht bekannt. Auch die Ermittlungsbehörden hätten seinen Mandanten zu solchen Sachverhalten nicht befragt.
Die Ermittler gehen nach Informationen von WDR, NDR und SZ außerdem dem Verdacht nach, dass G. zur Verschleierung von Geldflüssen mehrere Firmen in China und Deutschland eingesetzt haben könnte und dass in diese Firmen womöglich Geld von chinesischen Diensten floss.
Haftbefehl gegen Jian G.
Jian G. war am 24. April durch Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen zunächst vorläufig festgenommen worden. Aufgrund von Medienanfragen an G. sollen die Behörden befürchtet haben, dass sich der Krah-Mitarbeiter möglicherweise ins Ausland absetzen könnte und sich daher zur Festnahme entschieden haben. Kurz darauf hat ein Ermittlungsrichter in Karlsruhe Haftbefehl gegen G. erlassen.
Der Generalbundesanwalt wirft Jian G. vor, Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes zu sein. Er steht im Verdacht, im Januar 2024 wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weitergegeben zu haben. Zudem soll er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben, so der Vorwurf.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bestätigte auf Anfrage, dass gegen Krah - parallel zu dem GBA-Verfahren gegen seinen Mitarbeiter - weiterhin Vorermittlungen geführt werden. Es geht um den Verdacht, dass der Europa-Abgeordnete Gelder aus China erhalten haben könnte.
Einflussnahme aus Russland?
Bereits am 18. April hatte die Staatsanwaltschaft ein weiteres Vorermittlungsverfahren gegen Krah im Zusammenhang mit angeblichen russischen Zahlungen eingeleitet, bei denen es um das tschechische Portal "Voice of Europe" und dessen mutmaßlichen Finanzier, den putinnahen Oligarchen Viktor Medwedtschuk, geht.
Mehrere europäische Politiker stehen im Verdacht, über dieses Netzwerk Zahlungen erhalten zu haben. Die Sicherheitsbehörden gehen von einem russischen Einflussnahme-Konstrukt aus, das in dieser Woche von der EU sanktioniert worden ist.