Maskenaffäre Bussis und Provisionen
Am staatlichen Maskendeal mit der Schweizer Firma Emix wollte nach Informationen von WDR, NDR und "SZ" auch die Schwester von Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU) mitverdienen. Heute sieht die CSU-Kommunalpolitikerin das als großen Fehler.
Die Maskenhändler der Schweizer Firma Emix hatten zu Beginn der Pandemie keinen Kontakt zu Gesundheitsministerien in Deutschland. Deshalb heuerten sie Andrea Tandler an, eine Münchner PR-Unternehmerin und Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler.
Aus Sicht der Firma muss das eine gute Idee gewesen sein, denn am Ende gelang es Emix, dem Bund, Bayern und Nordrhein-Westfalen Schutzausrüstung im Wert von insgesamt mehr als 700 Millionen Euro zu verkaufen. Tandler soll dafür zusammen mit ihrem Partner eine Provision zwischen 34 und 51 Millionen Euro kassiert haben. Anfragen zu ihrer Tätigkeit lässt Frau Tandler seit Monaten unbeantwortet.
Anfrage auch an Mayers Schwester
Dennoch werden derzeit immer mehr Hintergründe der Deals bekannt, die vor allem deshalb interessant sind, weil die Schweizer in der Pandemie sehr hohe Preise kassiert haben: Nach Bayern zum Beispiel lieferte Emix FFP2-Masken zum Stückpreis von 8,90 Euro, nach Nordrhein-Westfalen zum Preis von 9,90 Euro.
Weil Andrea Tandler selbst keinen Kontakt zu Gesundheitsminister Jens Spahn oder den Ministern in Bayern und NRW hatte, wandte sie sich an die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier und an Verena Mayer, die Schwester von Stephan Mayer (CSU), Staatssekretär im Bundesinnenministerium, die auch CSU-Kommunalpolitikerin ist. Tandler fragt Verena Mayer, ob dem "Stephan" jemand einfalle, der Bedarf an Masken habe. "Vielen Dank und Bussi."
Stephan Mayer (CSU) ist Staatssekretär im Bundesinnenministerium.
"Nichts, worauf ich stolz bin"
Im Gespräch mit NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" räumt Verena Mayer ein, nach Weitergabe der Kontakte eine Provision von Andrea Tandler verlangt zu haben. "Wie hoch ist meine Provision?", soll die Schwester des CSU-Staatssekretärs Anfang März 2020 Tandler gefragt haben. Mayer räumt ein, Tandler tatsächlich daran erinnert zu haben, dass sie eine Provision vereinbart hätten; außerdem, dass die Provision fällig sei, weil die Masken-Bestellung ja aufgrund des Einsatzes ihres Bruders im Ministerium zustande gekommen sei.
Heute auf die Kurznachrichten angesprochen, sagt Mayer: "Die Provisionsforderung war eine Dummheit, das war nichts, worauf ich stolz bin." Eine Freundin, der sie von der Vermittlung erzählt habe, habe ihr dazu geraten, doch eine Provision zu verlangen. "Frag doch mal, ob Du was kriegst", habe ihr die Freundin gesagt. So sei die Idee entstanden, von Tandler fünf Cent pro verkaufter Maske zu verlangen.
Am Ende habe sie aber "keinen Cent bekommen". Auch wenn sie in ihren Nachrichten an Frau Tandler geschrieben habe, dass es eine mündliche Absprache über die Provision gegeben habe, sei das nicht richtig, sagt Frau Mayer heute.
Kontaktvermittelung über Hohlmeier
Andrea Tandler soll auf die Provisionsforderung geantwortet haben, dass der Bund zwar Masken bei Emix bestellt habe. Doch der Kontakt sei ja über Monika Hohlmeier zustande gekommen, die CSU-Europaabgeordnete und Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsident Franz Josef Strauß, die ebenfalls eine gute Bekannte von Frau Tandler ist. Hohlmeier selbst hat die Kontaktvermittlung zwar eingeräumt, aber immer betont, dass sie dafür kein Geld verlangt und auch keines bekommen habe.
Verena Mayer sagt, sie habe keine Ahnung über die Preise und Bestellmenge von Emix gehabt. Sie habe das alles erst in diesem Jahr aus den Medien erfahren. Auch über die Millionen-Provision, die Andrea Tandler für die Masken-Vermittlung kassiert haben soll, sei sie überrascht gewesen: "Mir gegenüber hat sie nur gesagt, dass die Schweizer sie zum Essen einladen."
Hohlmeier betont, kein Geld für die Vermittlung bekommen zu haben.
Streit über Provision
Inzwischen habe sich ihr Verhältnis zu Frau Tandler auch geändert. "Es gibt kein Verhältnis mehr", sagt Mayer, die in ihrem Heimatort Neuötting auch für die CSU im Stadtrat sitzt. "Ich war ein Schaf und ich fühle mich ausgenutzt durch Andrea Tandler." Sie habe noch nie in ihrem Leben eine Provision verlangt.
Als es zum Streit über die Provision gekommen sei, habe Tandler ihr geschrieben, dass sich Emix melden werde. "Aber die haben sich nie gemeldet und ich habe das dann auch nicht mehr weiter verfolgt". Es sei ihr einfach "zu blöd" gewesen. Verena Mayer sagt, die Situation sei für sie nun mehr als "beschissen". Sie habe Angst, in denselben Topf geworfen zu werden "wie die anderen".
Innenstaatssekretär Mayer räumt auf Anfrage zwar ein, die Emix-Kontaktdaten, die er von seiner Schwester bekam, im Innenministerium weiter geleitet zu haben. Aber man könne ihm deshalb "beim besten Willen nichts vorwerfen". Er habe erst jetzt durch die Anfrage von WDR, NDR und "SZ" erfahren, dass seine Schwester eine Provision von Frau Tandler verlangt haben soll.
Emix: Normale Kooperation
Emix selbst teilt auf Anfrage mit, Verena Mayer "weder direkt noch indirekt eine Provision gezahlt" zu haben. Und dass man als nicht-deutsches Unternehmen hierzulande mit Andrea Tandler kooperiert habe, sei völlig normal. "Es ist im internationalen Handelsgeschäft gängige Praxis, sich in einem neuen Markt Partner als externe Projektmitarbeiter zu suchen, um den dortigen Herausforderungen gerecht zu werden. Andrea Tandler ist diesen Aufgaben entsprechend nachgegangen", so Emix in einer schriftlichen Stellungnahme.
In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages schreibt das Gesundheitsministerium, dass der Bund insgesamt knapp 120 Millionen FFP2-Masken zum Preis von im Schnitt 5,58 Euro von Emix bezogen hat.