Bundesweite Razzia Neonazi-Gruppe "Hammerskins" verboten
Das Bundesinnenministerium hat die Neonazi-Gruppe "Hammerskins" verboten. Bundesweit durchsucht die Polizei Wohnungen von führenden Mitgliedern. Einige Anhänger sind wegen Gewaltdelikten und illegalem Waffenbesitz vorbestraft.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Neonazi-Gruppierung "Hammerskins" aufgelöst. Seit heute früh setzt die Polizei das Vereinsverbot um und durchsucht nach Informationen von WDR und NDR bundesweit die Wohnungen von 28 mutmaßlichen Führungspersonen. Die Gruppe trat vor allem mit konspirativ organisierten Musikveranstaltungen auf. Mit den "Hammerskins" verbot das Innenministerium auch deren Unterstützer-Gruppe "Crew 38".
Die heutigen Razzien richten sich primär gegen die führenden Mitglieder der Organisationen. Beamte von Bundeskriminalamt (BKA) und den Landespolizeien durchsuchen zeitgleich in zehn Bundesländern die Wohnungen von "Hammerskins"-Funktionären. Bei den Durchsuchungen soll das Vereinsvermögen beschlagnahmt werden. Das Verbot der Gruppe erfolgte, weil die "Hammerskins" sich nach Auffassung des Bundesinnenministeriums "gegen die verfassungsmäßige Ordnung" und "gegen den Gedanken der Völkerverständigung" stellten. Der Verfassungsschutz stuft die "Hammerskins" als "gewaltorientiert" ein.
Seit Jahrzehnten gefestigte Strukturen
Die "Hammerskins" sind bisher vor allem in der rechtsextremen Musikszene aktiv gewesen. So organisierten sie regelmäßig klandestine Konzerte und den Vertrieb von CDs. Auch im Bereich der Sicherheitsdienstleistungen sollen sich die "Hammerskins" betätigt haben. Ähnlich wie Rocker-Gruppierungen sind die "Hammerskins" in sogenannten Chaptern, also regionalen Untergliederungen, organisiert.
Die Behörden gehen bundesweit von etwa 120 Anhängern, darunter rund 90 Vollmitgliedern aus, die in 13 "Chaptern" organisiert sein sollen. Der Vorwurf: Nach Innen würden die "Hammerskins" eine rassistische und nationalsozialistische Weltsicht propagieren. Auch die Bands, die dem Umfeld der "Hammerskins" zugerechnet werden, würden in ihren Texten rassistische Hetze verbreiten.
In den Verfassungsschutzberichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) der letzten Jahre tauchen die "Hammerskins" nicht auf. Die Gruppierung soll jedoch seit Jahrzehnten über gefestigte Strukturen sowohl in Deutschland als auch in zahlreichen weiteren Ländern verfügen, Mitglieder in der Neonazi-Szene gut vernetzt sein, unter ihnen mehrere bekannte und umtriebige Rechtsextremisten.
"Kampf der Nibelungen" initiiert
Auch das größte rechtsextreme Kampfsport-Event in Deutschland, der "Kampf der Nibelungen", soll 2013 laut Sicherheitsbehörden durch die "Hammerskins" initiiert worden sein. Seit 2019 werden diese Veranstaltungen verboten. Daneben organisierten die "Hammerskins" ein alljährliches Treffen, das sogenannte Hammerfest, bei dem ebenfalls zahlreiche Neonazi-Bands auftreten.
"Entsprechend ihrem Selbstverständnis als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Bewegung unterhalten sie Kontakte zu zahlreichen anderen subkulturell-rechtsextremistischen und auch neonazistischen Organisationen", hieß es zuletzt 2018 vom Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linke-Bundestagsfraktion zu der Gruppe. Die "Hammerskins" sind heute laut Verfassungsschutz die einzige bundesweit aktive rechtsextreme Skinhead-Organisation. Allerdings scheut die Gruppe das Licht der Öffentlichkeit, agiert konspirativ im Hintergrund.
Gewaltdelikte und illegaler Waffenbesitz
Die Behörden zählten die "Hammerskins" bislang zum gewaltorientierten Teil der rechtsextremen Szene. Zuletzt verfügten dem Bundesinnenministerium 2018 zufolge "einzelne Hammerskins-Mitglieder" über Waffenberechtigungen. Anhänger fallen immer wieder mit Straftaten auf, einige sind etwa wegen Gewaltdelikten und illegalem Waffenbesitz vorbestraft.
Mit der "Crew 38" verbot das Innenministerium auch den an die "Hammerskins" angegliederten Unterstützer-Club. Die 38 in dem Namen steht für den dritten und den achten Buchstaben im Alphabet - C und H, was wiederum für "Crossed Hammers" (Gekreuzte Hämmer) steht. Das Logo der "Hammerskins" bilden zwei gekreuzte Hämmer. Mit der Auflösung der Vereinigung dürfen auch ihre Symbole nicht mehr öffentlich verwendet werden.
Die "Hammerskins" entstanden Ende der 1980er-Jahre in den USA in der rechtsextremen Skinhead-Szene. Weltweit unterhält die Gruppe "Divisionen" in verschiedenen Ländern, die alle in der sogenannten Hammerskin-Nation organisiert sind. In Deutschland bauten die "Hammerskins" seit Anfang der 1990er-Jahre Strukturen auf, einer der ältesten Ableger ist der Chapter "Berlin".
Das nun verfügte Verbot der "Hammerskins" ist das 20. Verbot einer rechtsextremen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium. Zuletzt waren 2020 drei Gruppierungen verboten worden: "Combat 18 Deutschland", "Nordadler" und "Sturm-/Wolfsbrigade 44". Die "Hammerskins" galten in der Rechtsrock-Szene lange Zeit als Konkurrent des "Blood and Honour"-Netzwerks. Als "Blood and Honour" im Jahr 2000 in Deutschland verboten wurde, blieben die "Hammerskins" als legale Struktur übrig. Mit "Combat 18 Deutschland" war 2020 ebenfalls eine Neonazi-Organisation verboten worden, die in der konspirativen Rechtsrock-Szene aktiv war.
Die "Hammerskins" können gegen das heutige Vereinsverbot Klage einreichen, dann müsste das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber entscheiden.