Jahresrückblick 1963 Krise im Ostblock
Für den Ostblock ist 1963 ein Krisenjahr. China und die Sowjetunion ringen offen um die Führung der kommunistischen Welt. Chruschtschows These von der Koexistenz der Annäherung findet bei Mao taube Ohren.
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Für den Ostblock ist 1963 ein Krisenjahr. Offen tritt der Streit um die Führungsfrage in der kommunistischen Welt zwischen Moskau und Peking zu Tage. In aller Öffentlichkeit führen die Sowjetunion und China ihre ideologische Auseinandersetzung. Nikita Chruschtschows These von der Koexistenz der Annäherung findet bei Mao Tse-tung taube Ohren. Verhandlungen, die im Sommer in Moskau geführt werden, sollen die Kluft überbrücken. Einziges Ergebnis der Konferenz: Das Gespräch soll später fortgesetzt werden.
Die aus Moskau heimkehrende Delegation wird herzlich empfangen und ihre Unnachgiebigkeit wie ein Sieg gefeiert. Der Härte am Konferenztisch folgt die Demonstration der Macht. Massen sollen die Welt beeindrucken. Aber Peking braucht auch Bundesgenossen im Kampf mit Moskau um die Führung in der kommunistischen Welt - und findet sie vor allem in Asien.
Chruschtschow in Berlin und Belgrad
Am 28. Juni wird Ministerpräsident Chruschtschow in Berlin empfangen. Offizieller Anlass des Besuchs ist Walter Ulbrichts Geburtstag. Tatsächlich aber will Chruschtschow dem Besuch Kennedys in West-Berlin begegnen.
Sechs Wochen später besucht Chruschtschow Josip Tito in Belgrad. Jahrelang ist der jugoslawische Staatschef für Moskau ein Verräter gewesen. Jetzt kommt Chruschtschow, um die jugoslawische Form des Sozialismus anzuerkennen. Auch Chruschtschow braucht Bundesgenossen.
In Amerika müssen die Sowjets im Herbst unerwartet Wirtschaftsverhandlungen aufnehmen. Der stellvertretende Handelsminister der Sowjetunion eröffnet Gespräche über Weizenlieferungen im Wert von einer Milliarde Mark. Die hohen Frachtraten der USA erschweren die Verhandlungen. Die Getreidekäufer muss die Sowjetunion mit der Goldproduktion von anderthalb Jahren bezahlen. Der Preis für Missernten und Kollektivwirtschaft.