Ex-Bundesinnenminister Schily im NSU-Untersuchungsausschuss Schilys wohltuend demütiger Auftritt
Als Innenminister kultivierte Otto Schily den Ruf, ein harter Hund zu sein - sein Auftritt vor dem NSU-Untersuchungsausschuss zeigte eine andere Seite: Demut. Anders als andere Zeugen gestand Schily Fehler und seinen Ärger darüber ein, meint Arne Meyer. Inhaltlich brachte er das Gremium trotzdem nicht voran.
Von Arne Meyer, NDR, ARD-Hauptstadtstudio
Es gibt ein Foto von Otto Schily aus seiner Zeit als Bundesinnenminister, auf dem hält er drohend einen Schlagstock in die Höhe, trägt einen Schutzhelm und hat das Visier nach unten geklappt. Der SPD-Politiker grinst dabei in die Kamera, als wollte er sagen: Unwohl fühle ich mich nicht in dieser Pose.
Das Foto stand lange Zeit für seinen Politikstil: Schily - der kompromisslose Law-and-Order-Minister und härteste Hund im rot-grünen Kabinett. Ein Mann der deutlichen, manchmal auch verletzenden Töne. Glücklicherweise war das heute im NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ein anderer Otto Schily.
Der Stachel sitzt bei Schily tief
Angedeutet hatte er das bereits im vergangenen Jahr in einem Zeitungsinterview. Darin machte er klar, dass diese Frage ihn umtreibt: Warum nur gelang es Polizei und Verfassungsschutz nicht, dem rechten Terror-Trio Böhnhardt/Mundlos/Zschäpe früher auf die Schliche zu kommen? "Bedrückend", "schockierend", "besonders deprimierend" - mehrfach und mehr als deutlich hat Schily im Ausschuss klar gemacht, dass dieser Stachel nach wie vor tief sitzt.
Wohltuend demütig war das auch und insofern angenehm, weil es im Ausschuss schon ganz andere Auftritte gegeben hatte - allen voran der unsäglich arrogante BKA-Chef Jörg Ziercke, der seine Zeugenaussage als Majestätsbeleidigung zu verstehen schien. Oder der hilflose Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, der partout nicht erklären konnte, warum in seinem Haus nach dem Auffliegen des Nationalsozialistischen Untergrunds Akten im Schredder landeten.
Schily hat verstanden, was jetzt wichtig ist
Schily als früherer Oberaufseher eben jener Behörden, die in den vergangenen Monaten sämtlichen Kredit aufbrauchten, hat das ganz offensichtlich verstanden. Natürlich: Er ist 80 Jahre alt, längst Rentner, kann frei reden und muss auf parteitaktische Erwägungen keine Rücksicht mehr nehmen.
Es wäre aber falsch, Schilys Aussage heute im Ausschuss gerade deswegen beiseitezuschieben. Polizei und Verfassungsschutz sind noch immer als zersplitterte Einheiten organisiert, die sich gegenseitig das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnen und wo der Kooperationsgedanke an der Bundesländergrenze aufhört. Das kann und darf nicht so bleiben. Für diesen Schluss brauchte es allerdings nicht Schilys heutige Zeugenaussage.
Inhaltlich brachte Schily den Ausschuss nicht wirklich voran. Hoffentlich nehmen aber wenigstens die Angehörigen der zehn Mordopfer Notiz von seinem Auftritt. Denn Schily versuchte zumindest, als Ex-Minister seinen Beitrag zu leisten - damit sie irgendwann wieder Vertrauen in die Sicherheitsbehörden dieses Staates fassen können. Bis heute haben die Angehörigen nämlich deutlich mehr Fragen als Antworten.
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