Forderungen auf Rückgabe zurückgewiesen Grass will Ehrenbürger bleiben, Walesa dafür nicht
Der in die Kritik geratene Autor Grass will die Ehrenbürgerschaft der Stadt Danzig nicht zurückgeben. Er sehe keine Veranlassung dafür, sagte Grass in der ARD. Der polnische Friedens-Nobelpreisträger Walesa drohte daraufhin damit, auf seine Danziger Ehrenbürgerwürde zu verzichten.
Der Schriftsteller Günter Grass hat eine Rückgabe der Danziger Ehrenbürgerschaft abgelehnt. Er sehe keinen Grund, auf diese Ehrung zu verzichten, sagte Grass in der ARD-Sendung "Wickerts Bücher". Grass verwies darauf, dass er sich sehr früh und unter schwierigen Bedingungen für eine Versöhnung zwischen Deutschen und Polen eingesetzt habe. Die Forderung nach Rückgabe der Ehrenbürgerschaft war unter anderem vom früheren polnischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa erhoben worden, nachdem der 1927 in Danzig geborene Grass sich vor wenigen Tagen bekannt hatte, 1945 in der Waffen-SS gedient zu haben.
Walesa drohte unterdessen damit, seine Ehrenbürgerwürde der Stadt zurückzugeben. "Ich sehe mich nicht in der Lage, an der Seite von Grass Ehrenbürger zu sein", so Walesa im polnischen Nachrichtensender TV N24. "Wenn wir gewusst hätten, dass Grass Mitglied der Waffen-SS gewesen ist, hätte er die Ehrenbürgerschaft für Danzig vermutlich nie bekommen", sagte Walesa. "Wir verliehen diese Würde einem anderen Grass."
Vergabe des Brückepreis wird neu entschieden
Über die Vergabe des Görlitzer "Brückepreises" an den Literatur-Nobelpreisträger soll am 5. September auf einer Sondersitzung des Preisgerichts neu entschieden werden. Das teilte die Stadtverwaltung mit. Grass war im März als Preisträger der mit 2500 Euro dotierten Auszeichnung bekannt gegeben worden. Nach seinem Eingeständnis hatten sich CDU-Politiker gegen eine Vergabe des Preises an Grass ausgesprochen. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok forderte Grass auf, auf die geplante Verleihung zu verzichten.
Sorge um deutsch-polnisches Verhältnis
Der Vorsitzende des sächsischen Landtags-Kulturausschusses, Robert Clemen, sprach sich ebenfalls gegen die Ehrung des Schriftstellers aus. "Der Brückepreis ist für Grass der falsche Preis zur falschen Zeit", sagte der CDU-Politiker der "Leipziger Volkszeitung". Zur Begründung sagte er, die Verleihung könnte das momentan ohnehin schwierige deutsch-polnische Verhältnis weiter belasten. Da die Auszeichnung an Persönlichkeiten verliehen werde, die sich um die Völkerverständigung in Europa in herausragender Weise verdient gemacht hätten, sei eine Ehrung von Grass "das falsche Signal an unsere Nachbarn in Polen und Tschechien".
BdV: Grass soll Einnahmen spenden
Derweil forderte der Bund der Vertriebenen Grass auf, die Einnahmen aus seinem neuen Buch "Beim Häuten der Zwiebel" vollständig an Opfer des NS-Regimes in Polen zu spenden. Die Vorsitzende des Vertriebenenbundes, Erika Steinbach, sagte der "Bild"-Zeitung, Grass' überraschendes Geständnis seiner Zugehörigkeit zur Waffen-SS komme zwar "dem Verkauf seines neuen Buches zugute", beschädige aber das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen. "Als Geste der Versöhnung sollte er die Einnahmen aus dem Verkauf seines Buches komplett für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen spenden", meinte Steinbach.