Szene aus der Netflix-Verflilmung des Romans "Der Leopard"

Romanklassiker in Serie Streaming-Giganten entdecken die Weltliteratur 

Stand: 13.03.2025 19:24 Uhr

Mit "Hundert Jahre Einsamkeit" und "Der Leopard" hat Netflix Serien nach Literaturklassikern auf den Streaming-Markt gebracht. Andere Anbieter ziehen nach. Wieso stehen Literaturverfilmungen hoch in Kurs?

Von Dominic Konrad, SWR

Es ist großes Ausstattungsspektakel, wenn zu Beginn der zweiten Folge in Netflix‘ neuestem Historiendrama "Der Leopard" Garibaldis Rothemden durch die Altstadt von Palermo marschieren. Sie schwenken die italienische Trikolore, untermalt ist das Ganze mit Giuseppe Verdis "La Traviata". 

Beeindruckende Bilder liefert die Mini-Serie von Tom Shankland zuhauf. Das ist auch nur angemessen, denn verfilmt wird hier einer der bedeutendsten italienischen Romane des 20. Jahrhunderts. 1958 nach dem Tod seines Autors Giuseppe Tomasi di Lampedusa veröffentlicht, erzählt "Der Leopard" die Geschichte vom Niedergang des sizilianischen Fürstengeschlechts Salina.  

Bereits 1963 verfilmte Luchino Visconti den Roman überaus erfolgreich mit Burt Lancaster, Alain Delon und Claudia Cardinale fürs Kino. Netflix besetzt auch die Serienadaption hochkarätig: Kim Stuart Rossi in der Rolle des Fürsten Don Fabrizio neben italienischen Jungstars wie Benedetta Porcaroli, Deva Cassel und Saul Nanni. 

"Hundert Jahre Einsamkeit" verfilmt

Es ist die zweite große Literaturverfilmung im Serienformat, die Netflix innerhalb weniger Monate veröffentlicht. Im Dezember startete mit "Hundert Jahre Einsamkeit" ein noch weit ambitionierteres Projekt aus Kolumbien. 

Der Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez hatte zeitlebens die Verfilmung seines Romans abgelehnt. Das Werk, das über sechs Generationen das Schicksal einer kolumbianischen Familie im fiktiven Ort Macondo erzählt, hielt sein Autor für unverfilmbar. 

Zehn Jahre nach dem Tod von García Márquez sind seine Söhne als Produzenten selbst an der Umsetzung beteiligt. Die auf 16 Folgen angelegte Serie gilt schon jetzt als eines der aufwendigsten und teuersten Serienprojekte, das je in Südamerika realisiert wurde. 

Weitere Roman-Adaptionen in Aussicht

Das Interesse von Netflix und anderen amerikanischen Streaming-Giganten an literarischen Stoffen scheint immer weiter zu wachsen. Bei Netflix befindet sich derzeit etwa eine Serien-Adaption von John Steinbecks Romanklassiker "Jenseits von Eden" in Produktion. Für das Drehbuch wurde Zoe Kazan verpflichtet, deren Großvater Elia Kazan 1955 bei der Hollywood-Verfilmung mit James Dean Regie führte.

Ebenfalls bei Netflix in Entwicklung befindet sich eine neue Umsetzung von Jane Austens - bereits hinreichend verfilmtem - Roman "Stolz und Vorurteil".  

Amazon arbeitet derweil an einer Serie zu Isabel Allendes "Das Geisterhaus", produziert von der Autorin selbst gemeinsam mit Hollywood-Star Eva Longoria. "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald bekommt ebenfalls eine neue Serien-Fassung.  

Die Lust der Streamer an Kostümen und bekannten Marken

Woher kommt also das wiedererwachte Interesse der Streaming-Riesen an den großen Klassikern der Weltliteratur? Die einfachste Erklärung: Kostüm-Dramen haben Erfolg. Titel wie das Royals-Drama "The Crown" oder die Regency-Romanze "Bridgerton" wurden für Netflix zu enormen Publikumserfolgen. 

Da Streamingdienste in hoher Schlagzahl Serien und Filme produzieren, wird auf Adaptionen von Comics, Games und zuletzt eben auch Romanen gesetzt, statt risikoreichere Originalskripte in Auftrag zu geben. 

Darüber hinaus sind Literaturverfilmungen prestigeträchtig: Disney+ feierte zuletzt mit "Shogun" nach dem Roman von James Clavell große Erfolge bei Kritik und Preisverleihungen, Netflix ebenso mit "Ripley" nach Patricia Highsmith. Drei Oscars erzielte Netflix zudem für die Verfilmung von Erich Maria Remarques "Im Westen nichts Neues", darunter auch der Preis für den besten internationalen Film. 

Und nicht zuletzt: Mit den literarischen Klassikern kommen deren Leser als potenzielle Zuschauer. In Zeiten, in denen Hollywood seine bekanntesten Marken für den Streamingmarkt immer wieder in Sequels, Prequels und Remakes neu zu erfinden versucht, schwebt auch über einem weltbekannten Roman der erfolgsversprechende Nimbus der Nostalgie. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Bayern 2 in der Sendung "Die Welt am Morgen" am 16. Dezember 2024 um 06:05 Uhr.