Wetterthema: Gewitter Böenfronten und Shelfclouds
Gewitter können imposante Wolkenformationen ausbilden, die für Fotografen interessant sind. Dabei bilden Böenfronten und Shelfclouds immer wieder spannende Motive. Wie entstehen sie?
Wichtig für die Ausbildung einer Böenfront ist die innerhalb eines Gewitters entstehende Kaltluftmasse. Kräftiger Niederschlag kühlt die Luft ab, sei es durch Verdunstung oder durch das Schmelzen von Hagel. So entstehen im Niederschlagsbereich eines Gewitters Abwinde, die sich beim Erreichen des Erdbodens zu den Seiten hin ausbreiten (blaue Pfeile im Teilbild unten rechts in unserer Abbildung). Vor heftigen Gewittern weht oftmals ein schwacher bis mäßiger Ostwind. Da viele Gewitter von Westen nach Osten ziehen, macht sich die eintreffende Gewitterkaltluft am Erdboden meistens durch sehr plötzlich einsetzende westliche Winde bemerkbar. Mit der Gewitterkaltluft dreht der Wind also sprunghaft auf West und legt in kürzester Zeit stark zu. Oft wird es dabei sogar sehr windig mit Sturmböen oder im Extremfall mit Orkanböen. Diesen Windsprung nennt man Böenfront. Am Vorderrand der Kaltluft, an der Böenfront also, wird die vor dem Gewitter liegende Luftmasse angehoben. Dadurch strömt warme Luft vor allem aus den unteren Schichten der Atmosphäre direkt in das Gewitter und erhält dieses am Leben (langer roter Pfeil in der Abbildung unten rechts). Im Übergangsbereich zwischen der ausströmenden Gewitterkaltluft und der gehobenen Warmluft bildet sich dicht über dem Erdboden eine lange, horizontal ausgerichtete Wolkenwand aus, die typische Erscheinungsform einer Böenfront. Mitunter hängen die Wolken im Bereich einer Böenfront weit nach unten. Eine gehobene Luftmasse kühlt ab, sobald die Luft in Höhen mit geringerem Druck gelangt. Kühlere Luft kann weniger Wasserdampf aufnehmen als warme Luft, der Wasserdampft kondensiert und es bildet sich eine Wolke. Das Kondenstionsniveau liegt an der Böenfront besonders tief, weil Feuchtigkeit aus der Gewitterkaltluft mit in den Aufwind einbezogen wird.
Oftmals wird bereits diese Böenfrontwolke für sich als „Shelfcloud“ bezeichnet. Die deutsche Übersetzung für Shelfcloud wäre „Regalwolke“, ein Begriff, der jedoch nicht gebräuchlich ist. Stattdessen ist das Wort „Shelfcloud“ ein in der Meteorologie anerkannter Anglizismus. An die Etagen eines Regals erinnert die Shelfcloud jedoch eher dann, wenn sich über der Böenfrontwolke weitere Wolkenstockwerke befinden. Diese Struktur kann bei der Hebung der gesamten Warmluftmasse oberhalb der Böenfront entstehen. Im Bereich dieser Stockwerke darf sich jedoch nicht überall gleichermaßen eine Wolke bilden. Bei einer Shelfcloud wechseln Bereiche mit Wolken und Zwischenschichten, die wolkenfrei bleiben, einander ab. Damit das passieren kann, muss der Feuchtegehalt in der gehobenen Warmluftmasse mit der Höhe stark variieren. Trockenere und feuchtere Schichten müssen also übereinander liegen. Zunächst befinden sich in der Warmluft keine Wolken, erst durch das Anheben dieser Luft oberhalb einer Böenfront werden die feuchten Schichten der Luftmasse in Form von Wolken sichtbar. Am häufigsten kommen Shelfclouds an ausgedehnten und sehr kräftigen Gewitterlinien vor. Wer eine Shelfcloud auf sich zu ziehen sieht, kann nicht nur interessante Fotos machen, er kann auch Aussagen über das Wetter treffen. Mit größter Wahrscheinlichkeit wird er schon wenige Minuten später von einem Gewitter mit starkem Wind getroffen. Oft handelt es sich dabei um ein ausgewachsenes Unwetter, dessen Gefahr in erster Linie vom Wind ausgeht, wie am Pfingstunwetter des 9. Juni 2014 in Nordrhein-Westfalen.
Das Teilbild oben links in der Abbildung zeigt eine Böenfront ohne Stockwerke. Oben rechts ist oberhalb der Böenfront ein Stockwerk angedeutet. Unten links sind oberhalb der Böenfront ein markant ausgeprägtes Stockwerk und zwei weitere schwächere zu sehen, hierbei handelt es sich also eindeutig um eine Shelfcloud. Noch klarer sind die Strukturen unten rechts, in dem Foto mit den Erklärpfeilen.