EU-Kommissar zu Arbeitsmarkt in Deutschland "Mindestlöhne sind unabdingbar"
Obwohl Deutschland sich schnell von der Krise erholt hat, müsse es Arbeitsplätze schaffen, fordert EU-Beschäftigungskommissar Andor. In einem Interview mit der "FAZ" forderte er höhere Mindestlöhne für alle Sektoren. Zudem kritisierte er die hohe Anzahl von Mini-Jobs und anderen Teilzeitstellen.
EU-Beschäftigungskommissar László Andor hat Mindestlöhne in Deutschland gefordert. Die Löhne in Deutschland müssten wieder der Entwicklung der Produktivität folgen, sagte der Ungar der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Nach seiner Ansicht sind die niedrigen Löhne in Deutschland ein Grund für die anhaltende Wirtschaftskrise in Europa. Deutschland habe durch die jahrelange Lohnzurückhaltung dazu beigetragen, dass wirtschaftliche Ungleichgewichte in der EU entstanden seien, sagte er der "FAZ". Deshalb seien höhere Mindestlöhne in Deutschland für eine Überwindung der Krise unabdingbar. "Deutschland hat im vergangenen Jahrzehnt enorme Lohnzurückhaltung geübt, um für ein, zwei Jahre wettbewerbsfähiger zu werden - aber das hatte Folgen für die anderen EU-Staaten", sagte Andor. Deshalb müsse es jetzt durch Mindestlöhne in allen Sparten und einen Abbau der Ungleichgewichte den Ausgleich schaffen.
Mini-Jobber riskieren, in Armutsfalle zu geraten
Zudem bemängelte er den stark segmentierten Arbeitsmarkt in Deutschland. Zwar habe die deutsche Wirtschaft sich schnell von der Krise erholt und auch viele Arbeitsplätze geschaffen. Doch eine große Zahl der Arbeiter habe nur Mini-Jobs. "Wenn das so bleibt, wird die Kluft zwischen regulärer Arbeit und Mini-Jobs schnell wachsen", sagte er. Die Mini-Jobber riskierten, so in eine Armutsfalle zu geraten.
In ihren wirtschaftspolitischen Empfehlungen hatte die EU-Kommission Deutschland bereits im März aufgefordert, die Differenz in den Leistungsbilanzen abzubauen. Die EU habe, ergänzte Andor nun gegenüber der "FAZ", "die nötigen Mittel in der Hand, um gegen Staaten vorzugehen, die nichts gegen die Ungleichgewichte im Euroraum unternehmen".
In Deutschland seien Frauen überdurchschnittlich häufig in Mini-Jobs oder Teilzeitbeschäftigungen tätig, sagte er. Frauen nähmen nicht ausreichend am Arbeitsleben teil. Deshalb bräuchte man vor allem den Ausbau von Kindertagesstätten und Kindergärten. Anreize wie das Betreuungsgeld führten "in die falsche Richtung".