Schäuble schlägt Finanzstaatssekretär vor Asmussen soll neuer EZB-Chefvolkswirt werden
Keine 24 Stunden nach dem angekündigten Rückzug des EZB-Chefvolkswirts Stark hat Deutschland einen Nachfolger vorgeschlagen. Finanzminister Schäuble nominierte Finanzstaatssekretär Asmussen für das Amt. Dieser bedankte sich für das Vertrauen - er wolle die Aufgabe "gerne übernehmen".
Deutschland hat Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen als neuen Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgeschlagen. Das gab Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bekannt. Ein genaues Datum für den Stabswechsel gab der CDU-Politiker nicht bekannt.
Zuvor hatte sich auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hinter Asmussen gestellt. Sollte die Bundesregierung diesen für einen Posten im Direktorium der Europäischen Zentralbank vorschlagen, wäre dies eine sehr gute Entscheidung, sagte Juncker beim G-7-Gipfel. "Der Euro kann nicht von einer Person allein gerettet werden, aber er wäre zweifellos der Richtige."
Asmussen - Manager mit Krisenerfahrung
Asmussen bedankte sich bei Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Vertrauen. Er wolle die Aufgabe gerne übernehmen, "in einer Phase, in der wir die Währungsunion sichern müssen", erklärte er. Nun muss er zunächst durch die Eurogruppe nominiert werden, dann gibt es eine Anhörung vor dem EU-Parlament und durch das EZB-Direktorium, das ebenfalls zustimmen muss.
Asmussen gilt als Mann mit großer Krisenerfahrung. Sein SPD-Parteibuch stand ihm während seiner Karriere nicht im Weg. Sein Aufstieg begann 1996 unter Finanzminister Theo Waigel (CSU), für den er als Referent für internationale Finanz- und Währungspolitik arbeitete. Unter Oskar Lafontaine (SPD) wurde er persönlicher Referent des Staatssekretärs Heiner Flassbeck, nach Lafontaines Rücktritt 1999 stieg Asmussen zum Büroleiter des neuen Finanzministers Hans Eichel (SPD) auf. 2008 schnürte Asmussen unter Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Hilfspakete für die deutschen Banken. Und auch unter Steinbrücks CDU-Nachfolger Wolfgang Schäuble bliebe er als Staatssekretär im Finanzministerium - trotz Kritik aus der Union und der FDP.
Überraschender Rücktritt...
Am Freitag hatte der bisherige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark überraschend seinen Rücktritt angekündigt - offiziell aus persönlichen Gründen. Mit ihm verlässt zum Jahresende einer der profiliertesten Inflationsbekämpfer die Führungsebene der Europäischen Zentralbank (EZB). Der 63-Jährige gilt als einer der geistigen Väter des Stabilitäts- und Wachstumspakts und hatte sich vehement gegen den Kauf von Staatsanleihen gewehrt, mit denen die EZB seit Mai 2010 Problemländer wie Griechenland stützt.
... und ein letzter Appell
Stark richtete nach der Bekanntgabe seines Rücktritts nochmals einen eindringlichen Sparappell an die Euro-Staaten. In einem in Auszügen vorab zitierten Gastbeitrag für die Montagsausgabe des "Handelsblatts" fordert er eine Rückkehr zur soliden Finanzpolitik und warnt vor einer ausufernden Schuldenspirale. In der aktuellen Krise sei alles falsch, was weitere Ausgaben unterstütze, betont der Notenbanker dem Blatt zufolge. Vor allem die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) verlangten neuen Konjunkturspritzen lehne er ab. Stattdessen betonte der 63-Jährige die positiven Effekte einer entschlossenen Sparpolitik. Im gegenwärtigen Umfeld sei "davon auszugehen, dass positive Vertrauenseffekte aufgrund solider Finanzpolitik beträchtlich sein werden", schreibt er.
EZB will auf Kurs bleiben
Bundesbankpräsident Jens Weidmann kündigte an, den auf Geldwertstabilität ausgerichteten Kurs des scheidenden Chefvolkswirts fortzusetzen. "Jürgen Stark war ein Verfechter der europäischen Integration, der in der Tradition der Bundesbank für einen klaren, stabilitätsorientierten, geldpolitischen Kurs steht. Als Präsident der Deutschen Bundesbank werde ich mich im EZB-Rat weiterhin deutlich für Geldwertstabilität und Unabhängigkeit der Notenbank einsetzen", sagte Weidmann der "Bild am Sonntag". Zugleich äußerte Weidmann Bedauern über angekündigten Rücktritt: "Ich bedaure die Entscheidung von Jürgen Stark außerordentlich. Ich respektiere sie aber."
In der EZB gibt es Streit über den richtigen Kurs in der Euro-Krise. Es wird deshalb hinter den Kulissen vermutet, dass der wahre Grund für Starks Abgang ein Zerwürfnis über den Kauf von Staatsanleihen ist. Bereits Anfang des Jahres hatte sich der damalige Bundesbank-Chef Axel Weber ebenfalls wegen des Krisenmanagements in der Eurozone aus dem EZB-Rat zurückgezogen und später seinen Verzicht auf den EZB-Chefposten erklärt.