Film und Fernsehen Droht Hollywood ein Autorenstreik?
Die Autoren in Hollywoods Unterhaltungsbranche sind unzufrieden. Sie klagen über schlechte Bezahlung und undurchsichtige Verträge mit Streamingdiensten. Nun drohen sie mit Streik.
Drehbuchautorin Zoe Marshall ist frustriert. Gerade hat sie an der Krimiserie "Found" mitgeschrieben, die im Herbst im TV-Sender NBC läuft. Arbeit ist genug für sie da, aber die Studios würden Drehbuchautoren immer wieder unter Wert verkaufen.
Für Studiobosse sei hingegen stets eine "fette Bonuszahlung" drin, sagt Marshall. Sie schreibt seit vielen Jahren Drehbücher für alle möglichen Studios, TV-Sender und Streamingplattformen, zum Beispiel für die erfolgreiche Neuauflage der Serie "Charmed".
Marshall ist auch Mitglied im Vorstand der Autorengewerkschaft WGA. Diese hat gerade dafür gestimmt zu streiken, sollte bis Anfang Mai keine Einigung in den Tarifverhandlungen mit dem Verband der amerikanischen Fernseh- und Filmproduktionsfirmen zustande kommen. Der Verband vertritt alle großen Studios, Fernsehsender und Streamingdienste, von AppleTV+ bis Universal Pictures.
Ein wichtiger Verhandlungspunkt: die Bezahlung. Der Wochenarbeitslohn von Autoren sei in den vergangenen zehn Jahren um 23 Prozent gesunken, wenn man die Inflation mit einrechnet, sagt die Gewerkschaft.
Streamingdienste drücken Preise
Eric Haywood ist ebenfalls Drehbuchautor und schrieb unter anderem für die Krimishow "Law and Order" oder die Hip-Hop-Drama-Serie "Empire". Alle fühlten gerade den Druck, sagt er, denn die vielen neuen Streamingdienste verlangten nach immer mehr und neuen Inhalten. Gleichzeitig habe sich die Bezahlung verändert. Zum Beispiel die Wiederholungshonorare. Er macht das konkret an einem Beispiel fest: Früher habe es für Serien und Shows, die im Fernsehen wiederholt wurden, ein zusätzliches und durchaus gutes Honorar gegeben. Damit habe sich sein Einkommen aufbessern lassen, wenn er gerade keine anderen Aufträge hatte, so Haywood.
Heute sehe dies anders aus: Sender wie CBS würde Produktionen in der Regel weiterverkaufen oder an den hauseigenen Streamingdienst lizenzieren. "Die Wiederholungshonorare sind geringer. Und ich weiß nicht mal, wie viele Leute die Show gesehen haben oder wie oft, denn diese Infos halten die Streamer unter Verschluss", meint Haywood.
"Die Studios können nichts ohne die Skripte"
Die Forderung der Gewerkschaft: Die Verträge mit den Streamingplattformen müssen angepasst werden. Viele Drehbuchautoren haben Verträge für eine bestimmte Serie mit einem Sender. Früher sei dies über einen längeren Zeitraum gewesen und damit auch ein verlässliches Einkommen. Auch das habe sich geändert, beklagt Haywood: "Früher hatte man einen Vertrag über neun Monate und jetzt stellen sie dich plötzlich für zehn Wochen oder 14 Wochen ein. Und was mache ich dann?"
Drehbuchautor in Hollywood zu sein - für Haywood ist das ein Traumjob. Doch kreativ zu sein sei schwierig, wenn man nicht wisse, woher der nächste Gehaltsscheck komme.
Die Gewerkschaft betont, die Entertainment-Industrie habe im Schnitt in den vergangenen Jahren insgesamt Profite zwischen 28 und 30 Milliarden US-Dollar gemacht. Und das auf Grundlage der Skripte, die die Drehbuchautoren schreiben, meint Marshall:
"Die Studios können nichts ohne die Skripte, denn die leisten so viel: Sie sind ein Verkaufsdokument, eine Vorlage für die Schauspieler, die Bühnenbauer und alle anderen in dem Geschäft!"
Die Verhandlungen laufen
Bis zum 1. Mai verhandeln beide Seiten noch. Wird dann tatsächlich gestreikt, merken das Zuschauer wahrscheinlich zuerst bei den Late-Night-Talkshows, deren Schreiber tagesaktuell arbeiten. Jimmy Kimmel, Stephen Colbert und die anderen müssten dann wohl eine Zwangspause einlegen. Bei TV-Serien könnte sich die Ausstrahlung verzögern.
Die Gewerkschaft gibt sich selbstbewusst und kann das wohl auch sein: Beim Streik im Jahr 2007 legten die Autoren 100 Tage ihre Arbeit nieder. Es entstand ein Schaden von geschätzten zwei Milliarden US-Dollar. Noch versuche man, das zu vermeiden, betont Verhandlungsführer Haywood. Doch werde kein gutes Angebot vorgelegt, sei alles möglich.