Einigung zwischen Bahn und GDL Die Bahnstreiks werden beendet
Aufatmen für Bahnfahrer und Pfingstreisende: Noch heute soll der Bahnstreik beendet werden - darin sind sich GDL und Bahn einig, eine Schlichtung ist beschlossen. Richten sollen es nun der thüringische Ministerpräsident Ramelow und der SPD-Politiker Platzeck.
Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL wird noch heute beendet. Beide Seiten einigten sich auf ein Schlichtungsverfahren in dem festgefahrenen Tarifkonflikt, teilten Deutsche Bahn und GDL mit. Die notwendigen Maßnahmen sind laut Bahn für die Kunden bereits um 7.00 Uhr angelaufen, laut GDL ist der Streik aber erst am Abend um 19.00 Uhr beendet.
Bis wann genau der Bahnverkehr bundesweit wieder voll angelaufen ist, war am Morgen noch nicht genau abzusehen. In Mannheim sagte ein GDL-Sprecher, die Lokführer ließen sich nicht alle sofort zurück an ihren Arbeitsplatz rufen. Dies werde seine Zeit brauchen. Ein Bahn-Sprecher erklärte: "Die Umstellung auf den regulären Fahrplan kann sich durchaus bis zum späten Nachmittag hinziehen."
Ramelow und Platzeck sollen schlichten
Für die Dauer der Schlichtung vom 27. Mai bis zum 17. Juni 2015 gilt Friedenspflicht. Die GDL hat den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow als Schlichter benannt, die Bahn den ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck.
Der frisch berufene Schlichter im Tarifkonflikt der Bahn, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, sagt im rbb-Inforadio, die Tarifverhandlungen könnten jetzt endlich in echte Tarifverhandlungen übergehen, "und nicht mehr in den Abwehrkampf, den die altehrwürdige GDL führen musste, um in Zukunft überhaupt noch Tarifverhandlungen führen zu können".
Die Regierung habe als Eigentümer nicht die Tarifverhandlungen favorisiert, sondern sich einen Vorteil verschaffen wollen, indem man die freien Verhandlungen gesetzlich reglementiert. "Da muss ich als Gewerkschafter sagen: Man kann Gewerkschaften per Gesetz nicht die freien Verhandlungen verbieten." Die Bahn habe zudem nie über Entlastungen für die Lokführer verhandelt, beklagte Ramelow. "Ich habe in meinem Leben viele Tarife verhandelt, ein derart unprofessionelles Vorgehen habe ich noch nicht erlebt", so Ramelow weiter.
Die GDL hatte den aktuellen Streik am Dienstag im Güterverkehr begonnen, seit gestern wurde auch im Personenverkehr gestreikt. Die Arbeitsniederlegungen waren ohne Endzeitpunkt angekündigt worden, am reisestarken Pfingstwochenende drohten damit massive Behinderungen.
Weselsky: "Gordischer Knoten durchschlagen"
Der bald einjährige Konflikt ist so schwierig, da GDL und die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) teils für die gleichen Beschäftigtengruppen Verträge schließen wollen, was die Bahn aber ablehnte. "Nach fast einem Jahr Tarifkonflikt konnte mit dem Druck im 9. Arbeitskampf der Gordische Knoten durchschlagen werden", erklärte GDL-Chef Claus Weselsky.
Nach Angaben der Gewerkschaft akzeptierte die Bahn, dass die Tarifverträge anderer Gewerkschaften für die Annahme eines Schlichtungsspruches oder den Abschluss eines Tarifvertrags keine Rolle spielen. Dieser Sachverhalt werde deshalb nicht mehr Bestandteil des eigentlichen Schlichtungsverfahrens sein. Die GDL könne somit für all ihre Mitglieder des Zugpersonals die Tarifverträge verhandeln und abschließen.
Dies war die zentrale Vorbedingung Weselskys für eine Schlichtung: Die GDL müsse nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen verhandeln dürfen. So ist ihr zufolge auch der Streit um die Lokrangierführer beigelegt, diese würden jetzt "als Lokomotivführer eingruppiert". Die eigentlichen Tarifverhandlungen etwa zu Arbeitszeit, Lohn und Überstunden-Abbau könnten nun beginnen.
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zeigte sich erleichtert. "Schlichten statt streiken ist das Gebot der Stunde. Nun heißt es, Ruhe in die Betriebe zu bringen", erklärte er.
Gibt es in Tarifkonflikten keine Einigung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, besteht die Möglichkeit zu einer Schlichtung mithilfe unparteiischer Vermittler. Dafür muss mindestens eine Seite die Tarifverhandlungen förmlich für gescheitert erklären, in den meisten Branchen muss dann die andere Seite einer Schlichtung zustimmen. Eine Ausnahme bildet hier das Baugewerbe - hier gibt es automatisch eine Schlichtung, wenn eine Seite sie will.
Das Verfahren wird von der Schlichtungskommission geführt, die spätestens sechs Werktage nach Einleitung der Schlichtung zusammentreten muss. Zur Kommission gehören zwei unparteiische Vorsitzende sowie die gleiche Anzahl von Vertretern der Arbeitgeber und Gewerkschaften. Nach der Einigungsempfehlung der Schlichter sind Arbeitgeber und Gewerkschaften verpflichtet, die Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen.
EVG droht mit neuen Warnstreiks
Der Druck für beide Seiten war gestiegen, da auch die EVG heute auf einen Tarifabschluss dringt. Dies hätte aber den Spielraum für den Staatskonzern mit der GDL stark eingeengt, da die Bahn bisher unterschiedliche Verträge für gleiche Berufsgruppen ablehnte. Die EVG hat bislang nicht gestreikt, droht aber damit, falls es heute keine Einigung gebe. "Wir werden heute entweder den Sack zumachen oder die nötigen Konsequenzen ziehen", sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz.
An der Haltung der EVG, die für alle ihre Mitglieder und damit auch für die Lokführer einen Vertrag schließen will, habe sich nichts geändert. Möglich sei aber, dass eine Klausel eingearbeitet wird, in der auf gleiche Konditionen innerhalb der Berufsgruppen bestanden wird. Sollte also in der Schlichtung ein höherer Abschluss als mit der EVG vereinbart zustande kommen, müsste dieser auf alle Beschäftigten übertragen werden. Die Bahn hat 4,7 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 75 Euro, bei einer Laufzeit von 29 Monaten angeboten. Die EVG lehnt das ab.