Abschließende Abstimmung im Europaparlament EU deckelt Banker-Boni
Europas Banken dürfen ihren Managern nur noch in Ausnahmefällen Boni zahlen, die das Grundgehalt übersteigen. Mit diesem Beschluss will das Europaparlament Spekulationen unattraktiver machen. Für riskante Geschäfte der Banken legten die Abgeordneten ebenfalls neue Regeln fest.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Die EU will Finanzakrobaten das Handwerk legen. Sie will Banken dazu zwingen, mehr Eigenvorsorge für Krisenzeiten zu betreiben - als Konsequenz aus der Finanzkrise, in der Europa seit 2008 steckt. Dem Reformpaket zufolge müssen sich die Banken ein größeres Sicherheitspolster zulegen.
Die Idee dahinter beschreibt der Grünen-Finanzexperte im Europaparlament, Sven Giegold, so: "Wenn Banken sich verspekulieren, dann sind sie eher in der Lage, ihre Risiken selbst zu tragen. " Denn sie müssen nach der Reform mindestens acht Prozent ihres Kapitals real vorhalten, also in bar oder in Form von Anleihen oder Aktien. Für große, systemrelevante Banken gelten noch höhere Werte.
Der weltweite Standard verlangt von den Banken, bis 2019 die Eigenkapitalquote von zwei auf sieben Prozent zu erhöhen. Das bedeutet, dass sie Bilanzrisiken mit sieben Prozent Aktienkapital und Gewinnrücklagen absichern müssen. Für systemrelevante Banken, deren Zusammenbruch das Finanzsystem ins Wanken bringen würde, gilt eine Eigenkapitalquote von bis zu 10,5 Prozent. In der EU sind das derzeit 19 Institute, in Deutschland nur die Deutsche Bank. Darüber hinaus dürfen die Bankenaufseher in den einzelnen Ländern für mindestens zwei Jahre "systemische Risikopuffer" von bis zu fünf Prozentpunkten von den Geldhäusern verlangen, wenn sie besondere Risiken erkennen.
Steuerzahler sollen Bankverluste nicht mehr auffangen
Diese Neuregelung soll verhindern, dass in Notsituationen die Steuerzahler für die Verluste der Geldhäuser gerade stehen müssen. Das sei ein großer Schritt nach vorne, findet der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Wir entlasten damit auch den Steuerzahler, der allein in Deutschland mit 644 Milliarden Euro Banken abgesichert hat", sagt er. "Das zeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf war - und darum ist es eine Revolution."
Auch die Bezahlung der Top-Manager - oft als ausufernd gegeißelt - wird neu geregelt. Der Jahresbonus soll das Jahresgehalt nicht übersteigen. Nur wenn die Aktionäre mit großer Mehrheit zustimmen, darf ein doppeltes Jahresgehalt als Bonus gezahlt werden. "Und nicht mehr das 30- oder 40-Fache", freut sich der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann.
An langfristiges Wohl der Banken denken
Bullmann ist überzeugt, dass man die Manager dazu bringen kann, eher langfristig an das Wohl der Banken und Anleger zu denken und nicht kurzfristig den hochriskanten Abschluss zu suchen. Bisher habe eher folgendes Motto gegolten. "Wenn Sie dem Piloten im Cockpit sagen, unter dem Berg liegen die Goldadern, dann wird er auf den Berg zuhalten und nicht mehr den sicheren Flughafen ansteuern."
Die von den Banken oft geäußerten Bedenken, dass sie künftig keine gut ausgebildeten Mitarbeiter mehr bekämen, weil diese das große Geld woanders verdienen könnten, teilen die Parlamentarier nicht. Bullmann ist der Überzeugung, dass diese neu entstehende Banker-Kultur in Europa ankommt. "Es ist keineswegs so, dass wir in diesem Sektor nur Idioten haben oder nur geldgierige Vampire", sagt der SPD-Politiker. "Es gibt auch anständige Leute, die was gelernt haben und die sich gerne an dieser Transformationsaufgabe beteiligen wollen."
Die EU hatte bereits 2010 Vorschriften zu Bonuszahlungen verabschiedet. Demnach sollten die Banken ein "angemessenes" Verhältnis von variablem und festem Gehalt wahren. Die Institute sollten demnach die Boni je zur Hälfte in bar und in Wertpapieren gewähren sowie 40 bis 60 Prozent erst nach drei bis fünf Jahren auszahlen. Mit der 2013 beschlossenen Neuregelung schreibt die EU ein festes Verhältnis zwischen Boni und Grundgehalt vor. Generell dürfen Bonuszahlungen nicht höher sein als das Fixgehalt. Nur wenn die Aktionäre zustimmen, darf die variable Vergütung doppelt so hoch sein wie das Gehalt. Ein Viertel der Gratifikation kann mit mehreren Jahren Verzögerung in Form von Wertpapieren ausgezahlt werden.
Die Mär von abwandernden Finanzfachleuten
Auch Bullmanns Kollege von der CSU, Markus Ferber, hält es für eine Mär, dass gut ausgebildete Fachleute in Scharen abwandern werden - unter anderem, weil es auch ein Wert an sich sei, in der eigenen Heimat arbeiten zu dürfen. Und das, so setzt Ferber hinzu, werde sicher auch für den einen oder anderen Londoner Bankmanager gelten.
Insgesamt allerdings, das wissen Ferber und seine Kollegen, ist mit diesem Reformpaket noch nicht alles gut. "Es ist zum ersten Mal von dem Mitgliedstaaten - auch von Großbritannien - akzeptiert worden, wenn auch unter Schmerzen, dass es einer Regulierung bedarf, die über Selbstregulierungsinstrumente hinausgeht", sagt Ferber. Das zeige, dass Nachhaltigkeit auch in den Finanzsektor einziehen solle. "Aber es ist noch nicht die Mutter aller Lösungen, es ist eine Tür geöffnet, durch die wir mit strengeren Regeln an anderer Stelle durchmarschieren müssen."
Eine Baustelle wären da die Schattenbanken, die zwar ähnliche Geschäfte machen wie normale Banken, für die aber die Bankenaufsicht nicht zuständig ist.