VW-Pläne für Elektroautos Proteste gegen Batteriefabrik in Tschechien
Volkswagen will möglicherweise in Tschechien eine Fabrik für Batteriezellen bauen. Die Regierung unterstützt dies und hofft auf einen Innovationsschub. Doch der Standort ist umstritten.
Eigentlich wollten sie zur Demonstration einfliegen. Aber über dem Flughafen Line im Westen Tschechiens liegt Nebel. Und so säumen mehr als 200 Autos die Landebahn in der Nähe von Pilsen. Der Chef des tschechischen Luftfahrtverbandes Vaclav Vasek spricht im Flugzeug-Museum: "Tatsache ist, dass der Versuch der Regierung, den Flughafen zu liquidieren, auf das Frühjahr dieses Jahres zurückgeht. Ich hab es durch Freunde erfahren, die zu mir geflogen sind."
Protest von Fliegern und Anwohnern
Mehrere Hundert Menschen aus der Umgebung und aus ganz Tschechien sind dem Aufruf des Verbands gefolgt, um dagegen zu protestieren, dass der Flughafen abgerissen wird, um eine Fabrik für Batteriezellen zu bauen. Es ist die größte Aktion, seit die Pläne von Volkswagen im April bekanntgeworden sind. Vergangene Woche demonstrierte eine Bürgerinitiative vor der deutschen Botschaft in Prag.
Der Chef des Luftfahrtverbandes betont: "Der Pilsner Flughafen ist voll funktionsfähig. Hier gibt es auch Bunker für einen möglichen Verteidigungsfall, was ja auch wichtig ist. Die Batteriefabrik kann in Tschechien stehen. Aber wozu am Pilsner Flugplatz?"
Breites Bündnis gegen Batteriefabrik
Der Flughafen sei der fünftgrößte in Tschechien, erzählt auch der Hobbypilot Adolf Valasek. Er sei eine Reserve für den einzigen Militärflughafen in Tschechien. Ein Sicherheitsgutachten halte Prag unter Verschluss. Außerdem seien die Flugschulen und der Rettungsdienst auf den Standort angewiesen. Woanders gebe es genügend Brachflächen.
Auch die Stadt Pilsen und fünf Nachbargemeinden sind gegen die geplante Batteriefabrik. Eine Petition haben mehr als 11.000 Menschen unterschrieben. Der Bürgermeister Martin Sobotka aus Dobrany kritisiert, dass lokale Interessen und Bedenken keine Rolle spielten: "Bisher haben unsere Regierungen eher mit Verachtung über den Green Deal gesprochen, und plötzlich wollen sie, dass wir ein großes Opfer für denselben Green Deal bringen."
Volkswagen setzt auf eigene Batteriefabriken
Der Volkswagen-Konzern will in den kommenden Jahren mindestens fünf weitere eigene Fabriken für Batteriezellen bauen - eine davon in Ostmitteleuropa. Auch Polen und Ungarn sind im Gespräch. Die Volkswagen-Tochter Skoda wirbt um den Standort Tschechien. Dieser sei im Interesse der gesamten Republik, sagt Martin Jahn aus dem Vorstand von Skoda: "Leider haben wir in den letzten 20 Jahren keine neuen strategischen Industriegebiete in Tschechien vorbereitet. Pilsen-Line ist der einzige Standort, an dem die Anforderungen von Volkswagen technisch erfüllt werden können."
Doch für die Bürgermeister aus Pilsen und der Umgebung handelt es sich weniger um ein Zukunftsinvestment als um eine gewöhnliche Chemiefabrik - mit einem enormen Bedarf an Strom und Wasser. Und der könne nur zu einem Drittel gedeckt werden. Außerdem liege die Arbeitslosigkeit bei unter drei Prozent. Fachkräfte müssten aus dem Ausland angeworben und untergebracht werden oder würden von anderen lokalen Unternehmen abgeworben.
Premierminister wirbt für Fabrik
Premierminister Petr Fiala hat die Batteriefabrik und den Standort allerdings schon zu einem Schlüsselprojekt mit absoluter Priorität erklärt: "Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass in Tschechien zehn Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts und 25 Prozent unserer Exporte in der Automobilindustrie erwirtschaftet werden und Hunderte Unternehmen und Zehntausende Mitarbeiter damit verbunden sind. Wenn wir wollen, dass die Automobilindustrie hier eine Zukunft hat, müssen wir uns an die Veränderungen anpassen, die sie durchmacht."
Die tschechische Regierung hat weitere Krisentreffen mit Pilsen und Machbarkeitsstudien angekündigt. Ob die Ergebnisse bringen, bevor sich Volkswagen für einen Standort entscheidet, ist offen. Skoda-Chef Klaus Zellmer erwartet das noch in diesem Jahr.