Debatte über Benzinpreisbremse Bundesländer drängeln, Bundesminister uneins
Soll der Staat die Benzinpreise regulieren oder hat er bei der Preisfindung an der Zapfsäule nichts zu suchen? Aus den Ländern kommen Rufe nach einer Benzinpreisbremse. Umweltminister und Wirtschaftsminister sind uneins. Und auch die Mineralölbranche mischt sich ein.
Von Anja Günther, NDR, ARD-Hauptstadtstudio
1,70 Euro und mehr kostet derzeit der Liter Superbenzin. Das verärgert die Autofahrer und animiert die Politik zum Handeln. Im Bundesrat waren sich heute alle einig: Auch wenn Rohöl aktuell enorm viel kostet und die Großhandelspreise für Benzin und Diesel steigen - die Spritpreise in Deutschland sind höher, als sie sein müssten.
Daher soll die Benzinpreisbremse kommen. Thüringens Verkehrsminister Christian Carius spricht von einem praktikablen und transparenten Verfahren: "Danach soll es Tankstellen möglich sein, ihre Preise nur noch einmal pro Tag zu erhöhen. Die Kunden würden hiervon durch eine verlässliche Preisobergrenze profitieren. Dies schafft aus unserer Sicht Verlässlichkeit und Vertrauen."
In Österreich gibt es das Modell bereits. Nur einmal am Tag, und zwar um 12 Uhr, dürfen die Spritpreise an den Tankstellen erhöht werden. Auch die Westaustralier haben den hohen Benzinpreisen den Kampf angesagt: Dort müssen die Tankstellen den Kraftstoffpreis für den nächsten Tag bereits am Vortag melden. Der festgelegte Preis muss dann 24 Stunden unverändert bleiben, andernfalls drohen Strafen.
Der Bundesrat fordert nun, dass die Bundesregierung die unterschiedlichen Modelle prüft. Bundesumweltminister Norbert Röttgen zeigt sich dafür offen. "Die Politik muss alle Möglichkeiten ausschöpfen. Aber insbesondere ist der Druck und der Protest der Öffentlichkeit wichtig gegen die Abzocke, die regelmäßig stattfindet und die wir ja alle erleben. Wenn wir in den Urlaub fahren, wird es immer teurer."
Minister widersprechen sich
Der CDU-Politiker scheint sich da mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler von der FDP mal wieder nicht ganz einig zu sein. Denn der will, dass sich der Staat aus der Benzinpreis-Gestaltung heraushält. Für mehr Transparenz sollte das Bundeskartellamt sorgen, so Rösler in der ARD. "Künftig sollen dann Mineralölkonzerne, Händler und Tankstellen jeweils ihre Einkaufs- und Verkaufspreise an das Bundeskartellamt melden." Aus Röslers Sicht stärkt allein das den Wettbewerb.
Nein, das reicht nicht aus, heißt es dagegen aus den Bundesländern. Sie schlagen vor, dass Mineralölkonzerne und Betreiber von Tankstellen ihre Preise in eine Internet-Datenbank einstellen, so dass Autofahrer schneller wissen, wo das Tanken besonders günstig ist. "Es ist dringend erforderlich, dass wir diese offensichtliche Wettbewerbsverzerrung eindämmen", bekräftigt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. "Wir müssen dazu kommen, dass es klare Regelungen gibt, die Preisabsprachen in dieser Form nicht mehr möglich machen", so die SPD-Politikerin.
Mineralölbranche: Gesetzgeber muss sich entscheiden
Bis zu zwölf Mal pro Tag wechseln die Tankstellen ihre Preise. Von einer staatlichen Preisregulierung aber hält der ADAC nichts. Sollten die Mineralölkonzerne gezwungen werden, den Spritpreis ein Mal pro Tag festzulegen, werde das vermutlich auf einen hohen Grundpreis hinauslaufen. Der Kunde wäre der Dumme. Und Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband betont, der Gesetzgeber müsse sich entscheiden "zwischen stabilen Preisen, die etwas höher sein werden oder eben stark schwankenden Preisen, in einem Wettbewerbsmarkt so wie wir es heute haben. Die fallen dann allerdings auch etwas niedriger aus."
Union und FDP wollen nun verschiedene Modelle für eine Benzinpreiskontrolle prüfen. Grundsätzlich soll es darum gehen, die Marktmacht der fünf großen Mineralölkonzerne zu dämpfen. Inwiefern der Staat eingreift, und ob überhaupt, entscheidet sich vermutlich im Herbst.