Wirtschaftswachstum Boom-Jahr endet mit Quartals-Absturz
Die deutsche Wirtschaft hat mitten in der Euro-Schuldenkrise eines der besten Jahre seit der Wiedervereinigung hingelegt. Vor allem der Konsum stieg stark an: Die Deutschen kauften so viel ein wie seit fünf Jahren nicht mehr. Dadurch verbesserte sich auch die Kassenlage des Staates. Zum Jahresende gab es jedoch den ersten Dämpfer.
Die deutsche Wirtschaft hat 2011 zum zweiten Mal in Folge ein Boom-Jahr hingelegt. Nach einem Wachstum von 3,7 Prozent im Jahr 2010 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2011 um 3,0 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Rückgang aus dem Krisenjahr 2009 wettgemacht
Die deutsche Wirtschaft habe sich 2011 als "sehr robust" gezeigt, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamts, Roderich Egeler. "Damit konnte bereits nach zwei Jahren der Rückgang aus dem Krisenjahr 2009 wettgemacht werden." 2009 war die Wirtschaft in der stärksten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik um 5,1 Prozent eingebrochen. 2011 sei noch immer von Aufholeffekten geprägt gewesen, sagte Egeler.
Wirtschaft im vierten Quartal geschrumpft
Trotz vieler positiver Zahlen blicken die Statistiker jedoch allenfalls verhalten optimistisch in die Zukunft. Der Aufschwung, der für das gute Jahresergebnis gesorgt habe, "fand hauptsächlich in der ersten Jahreshälfte statt", sagte Egeler. Die Euro-Schuldenkrise und der weltweite Konjunkturabschwung bremsten die Wirtschaft zum Jahresende aus. Ersten Schätzungen des Bundesamts zufolge schrumpfte die Wirtschaft im vierten Quartal 2011 um 0,25 Prozent. Ein Minus hatte es zuletzt im ersten Quartal 2009 gegeben, das wegen der Finanzkrise mit 4,0 Prozent besonders stark ausfiel. Die meisten Experten rechnen damit, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2012 wieder bergauf geht und am Ende des Jahres insgesamt bestenfalls ein kleines Wachstum steht.
Mehr konsumiert und investiert
Die Impulse für das deutliche Wachstum kamen vor allem aus dem Inland. "Es wurde deutlich mehr konsumiert und investiert als ein Jahr zuvor", sagte Egeler. Privathaushalte hätten dabei so viel eingekauft wie zuletzt vor fünf Jahren, die Konsumausgaben stiegen preisbereinigt (also den Anstieg der Verbraucherpreise herausgerechnet) um 1,5 Prozent. Der Export verbuchte einen Zuwachs von 0,8 Prozentpunkten.
Im vergangenen Jahr legte das produzierende Gewerbe mit einem Plus von 6,0 Prozent am deutlichsten zu. Bei Unternehmensdienstleistern nahm die Bruttowertschöpfung um 3,9 Prozent zu, im Handels-, Verkehrs- und Gastgewerbe um 3,7 Prozent. Die Baubranche habe mit einem Plus von 3,5 Prozent das größte Wachstum seit 17 Jahren hingelegt.
So viele Deutsche in Arbeit wie nie zuvor
Positives verkündeten die Statistiker auch vom Arbeitsmarkt. Mit im Schnitt rund 41,5 Millionen Erwerbstätigen hatten im abgelaufenen Jahr so viele Leute in Deutschland einen Arbeitsplatz wie noch nie zuvor. Die Zahl der Erwerbslosen an der Gesamtheit aller, die potenziell arbeiten könnten, habe mit 5,7 Prozent den niedrigsten Stand seit 1991 erreicht.
Wohltat für die Staatskasse
Im Zuge der positiven wirtschaftlichen Entwicklung konnte Deutschland im abgelaufenen Jahr laut der Statistiker auch die Stabilitätskriterien der Europäischen Union wieder einhalten: Die Defizitquote der öffentlichen Haushalte lag demnach bei einem Prozent. Erlaubt sind bis zu 3,0 Prozent. 2010 hatte die Bundesrepublik diese Grenze mit einem Defizit von 4,3 Prozent noch deutlich überschritten.