Siemens Healthineers Medizin für die Börse
Die "Medizinmänner" kommen: Heute fand mit Siemens Healthineers der fünftgrößte Börsengang Deutschlands statt. Der Konzern ist Weltmarktführer bei Magnetresonanz- und Computertomographen sowie Ultraschallgeräten.
Als heute die Siemens-Manager - mit reichlicher Verspätung - die Glocke für den Börsengang von Siemens Healthineers läuteten, herrschte dichtes Gedränge in der Frankfurter Alten Börse. Denn das IPO der Medizintechnik-Sparte des Münchner Industriekonzerns wird mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Mit einem Emissionserlös von 4,2 Milliarden Euro ist es der fünftgrößte Börsengang in Deutschland.
Siemens gibt 15 Prozent an seiner Tochter ab. 150 Millionen Aktien wurden zu je 28 Euro zugeteilt. Das entspricht einem Firmenwert von 28 Milliarden Euro. Der erste Kurs der neuen Aktie lautete auf 29,10 Euro.
Siemens muss (Preis-)Zugeständnisse machen
Siemens-Chef Joe Kaeser hatte sich freilich etwas mehr ausgerechnet. Er hatte zunächst auf einen Börsenwert von 35 Milliarden Euro gehofft. Die Preisspanne reichte von 26 bis 31 Euro.
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Doch weil viele institutionelle Anleger nicht anbissen, musste Siemens den Anlegern einen Abschlag einräumen. Möglicherweise dürfte auch das volatilere Börsenumfeld einige Investoren abgeschreckt haben.
Wie hoch das Interesse von Privatanlegern war, ist noch unklar. Der Siemens-Konzern ignorierte bei seinen Roadshows die Kleinanleger und bevorzugte Medtech-Investoren. Schließlich erfordere die Aktie Spezialkenntnisse.
Hoch rentables Unternehmen
Der künftige Börsen-Neuling hat durchaus Potenzial. Die Medizintechnik-Sparte ist eine der Ertragsperlen von Siemens. Die operative Marge lag zuletzt bei fast 18 Prozent. Nur die Division Digitale Fabrik ist noch profitabler. Andere Sparten von Siemens sind von solchen Margen weit entfernt, einige schaffen nicht einmal die Zehn-Prozent-Marke.
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Siemens Healthineers ist Weltmarktführer bei den hoch lukrativen Magnetresonanz- und Computertomographen sowie Ultraschallgeräten. Bei den "neuartigen Therapien" wie moderne Herzkathetergeräte und Roboterarme für den Operationssaal sind die "Siemens-Mediziner" ebenfalls Weltspitze.
Sorgen um die Labordiagnostik
Nur in einem Feld tut sich die Firma schwer: der Labordiagnostik mit Blut- und Urintests. "Da hat es die letzten sechs bis sieben Jahre stark gerumpelt", moniert ein Fondsmanager. Siemens liegt in diesem Bereich klar abgeschlagen hinter dem Schweizer Konzern Roche. Nun soll die neue Plattform "Atellica" die Wende bringen.
Analysten trauen Siemens Healthineers ein jährliches Gewinnwachstum von sechs Prozent zu. 2016/17 erwirtschaftete das Erlanger Unternehmen einen Umsatz von 13,8 Milliarden Euro.
Milliarden-Markt Medizintechnik
Medizintechnik gehört zu den Wachstumsbranchen weltweit. Nach Einschätzung des Branchendienstes Evaluate dürften die Erlöse in der 400 Milliarden Dollar schweren Medtech-Industrie in den nächsten fünf Jahren um 30 Prozent wachsen. Marktführer gemessen am Umsatz ist Medtronic, gefolgt von Johnson &Johnson, General Electric, Fresenius Medical Care und Philips. Auf Nummer sechs rangiert Siemens Healthineers.
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In Zukunft dürfte die Digitalisierung auch die Medizintechnik-Branche umkrempeln. Fachleute rechnen mit der Zusammenführung von diagnostischen und therapeutischen Daten, was Behandlungen sicherer und besserer machen könnte. Ob Siemens davon profitiert, wird sich zeigen. Der Konzern behauptet gerne, einer der Anführer der Digitalisierung im Gesundheitssektor zu sein.
Kandidat für den Dax?
Die Medizintechnik-Sparte von Siemens hat gute Chancen, in den MDax aufgenommen zu werden. Wenn sich der Streubesitz erhöht, kann Healthineers auch rasch zu einem Dax-Kandidaten werden. Dann wäre Siemens gleich doppelt im deutschen Leitindex vertreten.
Schon bald könnte Siemens die Beteiligung an Healthineers weiter abbauen. Nach einer Wartezeit von sechs Monaten (180 Tagen) darf der Konzern weitere Anteile verkaufen und an die Börse bringen.
Die nächsten Börsenkandidaten stehen Schlange
Wer bei Siemens Healthineers nicht zum Zug kam, kann die Aktien von DWS zeichnen. Die Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank geht am Freitag kommender Woche an die Börse. Für 2018 prophezeien Experten ein gutes IPO-Jahr. Martin Steinbach von der Unternehmensberatung EY rechnet mit 13 bis 18 Börsengängen.