Warum China Europa helfen will Krisenhilfe aus Fernost mit Hintergedanken
China hat angekündigt, Europa und den USA in der Krise mit neuen Investitionen zur Hilfe kommen zu wollen. Aber in welcher Form China helfen will, ist offen - und ganz uneigennützig ist das Angebot auch nicht. Denn China hat ein starkes Eigeninteresse an einer Lösung der Krise.
Von Ruth Kirchner, ARD-Hörfunkstudio Peking
Die Zuhörer beim Wirtschaftsforum in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian mussten bis zum Schluss von Wen Jiabaos Rede warten. Dann sprach der Ministerpräsident endlich das Thema an, auf das alle gewartet hatten: China reicht Europa die Hand, sagte Wen, und sei bereit seine Investitionen in Europa zu erhöhen. Doch einen Gratisscheck stellte er nicht aus. "Regierungen müssen ernsthaft ihre Verantwortlichkeiten übernehmen und ihr eigenes Haus in Ordnung bringen", betonte Wen.
In welcher Form China Europa helfen will, ließ Wen offen. In der Vergangenheit hatte China unter anderem in griechische Unternehmen investiert und Staatsanleihen von angeschlagenen Euro-Ländern wie Spanien gekauft. Allerdings weit weniger als angekündigt. Experten sprechen von Wertpapierkäufen im Wert von zehn bis zwölf Milliarden Euro.
China will anerkannter Partner sein
Warum China auch jetzt wieder seine Hand hilfsbereit Richtung Europa ausstreckt ist klar: Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner vom Exportweltmeister China. Peking hat deshalb ein großes Interesse an stabilen Verhältnissen bei seinen wichtigsten Kunden.
Zudem forderte Wen auch Gegenleistungen ein: "Unterdessen sollten EU-Regierungschef und die Regierungen der wichtigsten europäischen Länder auch mutig ihre strategischen Beziehungen zu China überdenken und zum Beispiel China den vollen Marktwirtschaftsstatus zuerkennen." Seit Jahren pocht Peking in Brüssel auf die Anerkennung als Marktwirtschaft. Das hat für China einerseits einen hohen symbolischen Wert und würde das Land andererseits vor Anti-Dumping-Klagen aus Brüssel schützen. Für die EU wäre es dann deutlich schwieriger, chinesische Billig-Importe mit Strafzöllen zu belegen.
Probleme aus europäischer Sicht
Doch bislang hatten die Europäer gemauert. Kanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem letzten Besuch in Peking deutlich gemacht, dass China noch längst nicht alle Bedingungen für die Anerkennung als Marktwirtschaft erfüllt hätte. So gibt es aus deutscher Sicht unter anderem nach wie vor Probleme beim Schutz des geistigen Eigentums.
Doch jetzt ist China mit seinen gewaltigen Devisenreserven in einer Position der Stärke. Wen sagte, er hoffe auf einen Durchbruch in der Marktwirtschaftsfrage vielleicht schon beim EU-China-Gipfel Ende Oktober in Tianjin. Der Ministerpräsident forderte auch ein Ende von Exportbeschränkungen. Gemeint ist vor allem der Export von High-Tech-Produkten nach China. Die Volksrepublik braucht Know-how und Hochtechnologie, um die Wirtschaft weiter zu modernisieren. Jetzt sehen die kommunistischen Führer eine Chance, genau das zu bekommen.