Hotels und Gaststätten Wenn die Küche kalt bleibt
Leere Hotels, Restaurants ohne Kunden: Lange hält das die Branche nicht durch, warnt ihr Lobbyverband. Er sagt eine Pleitewelle voraus und bringt eine alte Forderung ins Spiel. Die Bundesregierung reagiert wohlwollend.
In Deutschland könnten wegen der Coronavirus-Krise dem Branchenverband DEHOGA zufolge 70.000 Hotel- und Gastronomiebetriebe Pleite gehen. Den gut 223.000 Betrieben der Branche gingen bis Ende April rund zehn Milliarden Euro Umsatz verloren, sagte DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der "Bild am Sonntag". "Ohne zusätzliche staatliche Unterstützung steht jeder dritte Betrieb vor der Insolvenz."
Die diese Woche vorgestellten Lockerungen für andere Bereiche böten keine Perspektiven für die Gastronomie. "Wir mussten als Erstes schließen und werden wohl auch am längsten zu leiden haben", sagte Hartges. Deshalb fordere der Verband eine verantwortungsvolle Öffnung von Restaurants und Cafes, die Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent und einen staatlichen Rettungsfonds mit Direkthilfen für Betriebe.
Verständnis in der Union
Die geforderte Mehrwertsteuersenkung verdiene eine sorgfältige Prüfung, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier derselben Zeitung. Er könne sich aber auch konkrete Hilfen bei Modernisierungen und Kosteneinsparungen vorstellen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schloss sich der DEHOGA-Forderung an. Gaststätten und Cafés seien für eine Rückkehr in die Normalität besonders wichtig, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Eine reduzierte Mehrwertsteuer könnte einen Beitrag leisten, wenn es darum gehe, Voraussetzungen für positive Startbedingungen in der Gastronomie zu schaffen.
Scholz hat Branche im Blick
Bundesfinanzminister Olaf Scholz stellte der Branche finanzielle Unterstützung in Aussicht. "Natürlich schauen wir genau, ob und wo wir gezielt weitere Hilfen benötigen", sagte er der "Welt am Sonntag". Die Regierung habe vor allem jene Branchen im Blick, für die es noch nicht so schnell wieder losgehe. "Das Hotel und Gaststättengewerbe gehört sicherlich dazu." Scholz ergänzte, ein späteres Investitionspaket solle Investitionsanreize für Unternehmen sowie Maßnahmen enthalten, die "Konsumfreude" anzufachen. Zudem sprach sich der Minister für Steuererhöhungen für Bezieher sehr hoher Einkommen aus.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisierte den Umgang der DEHOGA mit den Angestellten. Die Mitarbeiter der seit Wochen geschlossenen Betriebe müssten meist mit dem Kurzarbeitergeld von 60 Prozent des letzten Nettolohns auskommen. Anders als andere Arbeitgeberverbände habe sich der DEHOGA geweigert, über Tarifverträge eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes zu vereinbaren, kritisierte NGG-Chef Guido Zeitler. Deshalb müsse sichergestellt sein, dass von Hilfen auch Arbeitnehmer profitieren.
Die Linkspartei fordert eine Ausweitung der staatlichen Soforthilfen für kleine Firmen und Selbstständige, um auch deren Lebenshaltungskosten aufzufangen. Nur so lasse sich eine Pleitewelle bei kleinen Unternehmen wie Kneipen, Restaurants und Cafés verhindern, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Hilfen für kleine Unternehmen und Selbstständige seien "wichtig" gewesen, seien aber "lückenhaft und vielfach nicht existenzsichernd", sagte Bartsch.
Das Hotel- und Gaststättengewerbe dringt schon seit Jahren erfolglos auf einheitliche und niedrigere Mehrwertsteuersätze.